Und nun?

You will never see
What’s inside of me

Eigentlich könnte ich meinen Beitrag wie den vom Montag beginnen. Alles geht den Bach runter. Die Erfolge die ich in der Klinik gemacht habe sind wie Kreidespuren auf der Straße nach einem Regenguss verschwunden. Die Farbe, die den Asphalt zierte ist dem Grau gewichen. Derzeit ist Dauerregen. Als ob ich das bemerken würde, ich liege ja nur noch im Bett.

Was there ever any question
On how much I could take?
You kept feeding me your bullshit
Hoping I would break
Is there anybody out there?
Is there anyone who cares?
Is there anybody listening?
Will they hear my final prayers?

Mit voller Wucht ist sie zurück. Diese Krankheit, die man Depression nennt. Langsam gehen mir die Ideen aus, wie ich dagegen antreten könnte. Meiner Meinung nach habe ich bereits alles Menschenmögliche versucht. Ich war in der Klinik. Ich hab Tabletten genommen (und davon nicht zu wenig). Ich gehe regelmäßig zur Psychotherapie. Ich habe kein Ass mehr im Ärmel, wie ich dagegen vorgehen könnte. Was ich noch machen könnte.
Abwarten. Durchatmen.
Am Montag ist der nächste Termin. Ich kann nur hoffen, dass ich es diesmal schaffe, darüber zu reden.

Ich bin verrückt, und du?

Es gibt so Tage, an denen nichts geht. Aufstehen ist scheiße, liegen bleiben ist scheiße, zur Therapie gehen ist scheiße…
Heute war so ein Tag. Ich habe mir einen Wecker gestellt und trotzdem verschlafen. Ich habe meinen Termin fast vermasselt. Ich habe keine Kraft gefunden um mich um mich selbst zu kümmern. Ich bin froh das ich dennoch zur PIA gegangen bin. Der Termin war zwar auch nicht gut, aber zumindest hab ich es aus dem Haus geschafft. Ich habe keine Lust mehr auf das rumtherapieren. Ich musste heute mehrere Seiten aus dem DBT Buch vorlesen. Das kann ich auch alleine zu Hause machen. Und obwohl ich nichts gemacht habe (schneiden etc.) mußte ich eine Verhaltensanalyse machen.
Und natürlich habe ich es wieder nicht geschafft über meine aktuellen  Probleme zu reden…
Ein was Gutes hatte der Tag zumindest. Ich war zum ersten Mal bei einer Selbsthilfegruppe für junge psychisch Kranke. Eigentlich wollten wir Bogen schießen gehen aber das Wetter hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Deswegen sind wir dann was trinken gegangen und haben uns unterhalten. Mit C. und A. hab ich mich echt gut verstanden. Insgesamt waren wir fünf.  Normalerweise wäre die Gruppe moderiert, dh. mit einer Angestellten der AWO betreut. Aber die ist in den Regen gekommen und wollte dann nach hause. Am 22.06. ist unser nächstes Treffen. Ich werde definitiv wieder hingehen. Es tat echt gut mal auf Augenhöhe mit jemandem zu reden. Und wie immer war ich das Küken…

Alles egal

Mir ist alles egal. Ob die Sonne scheint, oder es regnet. Ob es stürmt, schneit, gewittert. Ich akzeptiere, dass es so ist. Das ich verbittert bin, ein Misanthrop, das ich mich ungerecht behandelt fühle. Es ist ja auch egal.
Meine Psychiaterin war nicht da, dafür der Oberarzt den ich in der Tagesklinik hatte und der mich im März eingeliefert hatte. Er ist ein sehr großer Mann mit langen, krausen Haaren und einem schlaksigen Gang. Ich fühle mich in seiner Nähe sehr unwohl. Jedenfalls sagte ich gleich: ich will keine Medikamente mehr nehmen. Und ich nehme sie seit meiner Entlassung nicht mehr. Er zuckte mit den Schultern und meinte, dass sei meine Sache. Ich soll jedoch auf mich achten und aufpassen, ob es sich wieder verschlechtert. Ich sagte, mir geht es momentan wieder schlecht. Aber das soll ich mit Locke besprechen, damit hat der Arzt nichts zu tun. „Weitere, ärztliche Fragen?“ Nein. Danke. Tschüß.
Irgendwie war der Termin bei Locke auch nicht so der Bringer. Ich habe Sachen angedeutet die mich beschäftigen, aber sie ist gar nicht darauf eingegangen. Immer nur wieder Skills, Emotionsregulation, Verhaltensanalyse, Diary Card.
Ich glaube nicht, dass das momentan mein Hauptproblem ist.
Aber who cares.
Ist doch eh egal. Ich bin egal.

Ungewisse Angst

In wenigen Minuten trete ich meinen Weg zur PIA an. Ich weiß nicht, was mich heute, an dem Tag an dem ich gleich zwei Termine habe, erwartet. Jede Faser meines Körpers ist zum zerreißen gespannt. Ich hab Angst. Wovor? Ich weiß es nicht. Einerseits natürlich vor dem Termin und was dabei heraus kommt, andererseits habe ich in letzter Zeit so eine Grundangst, von der ich nicht weiß warum sie da ist, wann sie gekommen und ist und wann sie geht, wie ich mit ihr umgehen soll.
Es bleibt abzuwarten.
Das Denken fällt mir so schwer und das Schreiben auch. Ich fange jeden Satz gefühlte hundertmal an um ihn dann doch wieder zu löschen. Das Sprechen ist am Schlimmsten, da habe ich die meisten Fehler. Ich stammle und finde die Worte nicht. Oder rede kurz gesagt Unsinn.
Ich habe Angst der Psychiaterin zu sagen, dass ich keine Medikamente mehr nehme. Oder der Psychologin, was mich so sehr unter Stress setzt und was ich befürchte. Ich weiß, das ich sagte, das sie verständnisvoll ist. Sie wird es verstehen. Ich kann trotzdem nicht darüber reden.

Antragskampf

Wie immer gnadenlos zu zeitig wartete ich in der kleinen, kalten Halle, die zum Ambulanten Pflegezentrum meines Stadtteils gehörte. Nach einiger Zeit kam eine kleine, blonde Frau, hielt kurz inne, drehte sich zu mir um und fragte: „Sind Sie Frau Kunze?“ Ich bejahte und sie stellte sich als Frau B. vor, mit der ich vor einigen Tagen einen Termin bezüglich des Ambulant Betreuten Wohnens ausgemacht hatte.
Wir gingen in den kleinen Beratungsraum. Sie kramte Anträge hervor, auf denen „Erstantrag für ABW“ stand. Zu erst die ganz normalen Fragen – Name, Geburtsdatum, Familienstand. Schließlich die Diagnosen, aus denen eine Behinderung und somit ein Anspruch für ABW hervor geht. Frage nach dem GdB (Grad der Behinderung). Diesen Antrag stelle ich ja vermutlich auch bald, um Unterstützung für die Ausbildung zu erhalten.
Schließlich ging es ans eingemachte: die verschiedenen Lebensbereiche, in denen ich Unterstützung wünsche, welche Probleme auftreten und was für Methoden mir konkret helfen können.
Es stellte sich heraus, dass ich vor allem Hilfe um Umgang mit der Krankheit, den Symptomen, in Krisen erhalten soll. Außerdem Hilfe wenn es um Arzttermine und Suche nach Ärzten geht. Ein weiterer wichtiger Punkt war die Motivation für eine Tagesstrukurgestaltung und zur Pflege sozialer Kontakte. Auch einkaufen, Essen kochen etc. wurde mit aufgenommen.
Frau B. war sehr nett und es war ihrerseits ein lockeres Gespräch. Leider meinte sie, dass es bis zu 3 Monate dauern kann, bis das ABW sozusagen „startet“. In zwei Wochen ist ein erneutes Gespräch, wo die finanzielle Situation abgeklärt wird.
Es kann sein das mein Kostenträger aufgrund meines Alters das Jugendamt wird und nicht der KSV, der die Kosten sonst übernimmt. Aber das ist eigentlich für mich und für die Unterstützung durch das Ambulante Pflegezentrum egal.
Einige Papiere und Unterlagen muss ich noch besorgen, dann wird der Antrag gestellt. Danach muss ich zur Amtsärztin des Sozialpsychiatrischen Dienstes. Ein ganz schöner Akt. Aber ich denke, es ist eine gute Entscheidung.

Was heißt Kashtin?

Kashtin ist aus dem indianischen Sprachgebrauch und bedeutet so viel wie „Wirbelwind in Sicht“.
Wer mich etwas besser kennt, weiß von meinem ungewöhnlichen Hobby: den Rollenspielen.
Auch das sogenannte Kashtin-Rudel ist ein Rollenspiel, das über ein Forum im Internet ausgetragen wird. Man schreibt aus der Sicht eines Wolfes, als Autor einer unendlichen Geschichte. Es ist nicht wie ein Buch, das man liest, sondern man ist Teil der Geschichte.
Dieses Pfingstwochenende war das zweite Treffen von uns Autoren, bei dem ich Teil genommen habe. Zu Besuch in Dresden hatten wir eine schöne gemeinsame Zeit. Wir waren fünf Mädels, die sich sehr gut verstanden haben.
Am Samstag haben wir alle Armbänder selbst gemacht, mit dem Initialen unseres Rudels: KR. Danach waren wir an der Elbe grillen. Sonntags stand dann Kultur auf dem Plan. Mit einer Schnitzeljagd zeigten wir unseren Gästen die Stadt und ihre Wahrzeichen.
Heute ließen wir das Treffen ruhig in einem Restaurant ausklingen.
Wer sich über uns informieren möchte, kann sich auf wolfskreis.de umschauen.

Abschied

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Meine Ratte Hermine wurde heute wegen einem Gehirntumor eingeschläfert.
Mach’s gut, meine Süße. Wir sehen uns wieder, am Ende der Regenbogenbrücke.

Schema F

Irgendwie laufen die Therapiesitzungen in letzter Zeit sehr gleichförmig ab.
Hallo. Wie geht`s. Zeigen Sie Ihre Diary Card. Verhaltensanalyse. Tschüss.
Ich weiß nicht, ob ich diese Routine gut oder schlecht finden soll. Ob es mir hilft oder eher kontraproduktiv ist. Die Frage nach der Hilfe kann ich in schätzungsweise 25 Sitzungen beschließen. So lange soll die DBT anfangs dauern, aber sie kann auch verlängert werden. Immer noch nicht kann ich mich mit DBT und Borderline anfreunden. Zu befremdlich ist der Begriff. Borderline? Das haben Andere, schlimmere Fälle. Ich doch nicht! Sowieso. Ich simuliere doch nur. Ich habe doch gar nichts. Behinderung? Weswegen? Wegen den kleinen Problemchen? Sowieso. Eigentlich geht`s dir doch gut. Was hast du denn? So könnte es doch weiter gehen.
Das jeder Tag ein Kampf mit mir selbst ist, scheint keiner zu sehen. Wie belastend es ist, diese Stimmen zu hören. Sie haben sich etwas Neues einfallen lassen. Diagnosen stellen. Da hört man Worte, die einen tief verletzen. „Die ist doch schizophren!“ Dennoch. Irgendwie komme ich mir einerseits vor wie ein Simulant, andererseits habe ich Angst, das keiner sieht, wie es mir wirklich geht.
Meine Suizidgedanken sind sehr stark in diesem Augenblick. Dabei habe ich den Vertrag unterschrieben, mir bis zum 13.11.2015 nichts anzutun, keinen Versuch zu unternehmen.
Was wäre jedoch, wenn es nicht bei einem Versuch bleibt?

Die Sache mit der Behinderung

Die Tage ohne Beschäftigung vergehen und die Ängste vor der Ausbildung wachsen. Ich warte auf diesen magischen Tag, den 1. September, denke daran wie ich mich verhalten soll, wen oder was ich darstellen möchte, wie ich mich präsentieren soll. Stark oder schwach? Begabt oder ohne Vorerfahrung? Interessiert oder offen für Alles? Ich habe meine Traumstelle, eine Ausbildung die mich interessiert, aber dennoch sind da Ängste. Und diese Ängste sind anzugehen – fand ich, meine Mutter ebenso. Also kam sie mit nach Dresden und wir gingen gemeinsam zum Arbeitsamt. Dort erwartete uns eine sehr lange Schlange vor dem Schalter der Integrationsamts. Aber meine Mutter, die sehr gut mit Menschen reden und umgehen kann, schaffte es in einem kurzen Gespräch, dass wir innerhalb einer Viertelstunde zum Chef der Abteilung kamen.
Im Gespräch mit diesem stellte sich heraus, welche Möglichkeiten es gibt. Wäre ich körperlich behindert könnte ich einen höhenverstellbaren Tisch anordern. Hätte ich keinen Ausbildungsplatz könnte ich vom Amt vermittelt werden. Da ich aber psychisch eingeschränkt bin, wird mein Weg zum Grad der Behinderung führen. Durch diesen habe ich Kündigungsschutz, der Arbeitgeber bekommt Geld, wenn er mich als Behinderte einstellt, ich habe mehr Urlaub…viele Vorteile. Die Nachteile wollten wir heute bei einem weiteren Gespräch erfahren. Dazu hatten wir einen Termin bei einer Berufsberaterin auf dem Arbeitsamt. Sie war ebenso wie der andere Berater sehr nett und verständnisvoll. Hier bestätigte sich die Aussage, dass der GdB der einzige und womöglich beste Weg sei, um Unterstützung während der Ausbildung und Hilfen bei erneuter Krankheit zu bekommen.
Also fuhren wir zum Sozialamt und holten uns den Erstantrag für die Behinderung.
Mal sehen…
Nächste Woche habe ich außerdem das Gespräch mit der zuständigen Beraterin für das Ambulant Betreute Wohnen.
Es wird sich demnach viel ergeben in nächster Zeit. Ich bin aufgeregt. Was sagt wohl Locke dazu?