III – Woche 16 – Tagesklinik

Es endet die vorletzte Woche in der Tagesklinik für mich.
Am 2. März habe ich bereits meinen ersten Termin in der PIA. Es ist ein Psychologisches Einzelgespräch, also vorerst kein medizinisches. Und das, obwohl man noch was an den Tabletten ändern wollte. Das ist mir ehrlich gesagt sogar recht wichtig, da ich derzeit mit den vielen Tabletten (vier unterschiedliche Sorten!) ziemlich unzufrieden bin.
Zum ersten Mal bin ich heute mit der Tagesklinik wandern gewesen. Zuvor war das immer nicht möglich, da ich Donnerstags meistens das Einzlespräch beim Psychologen hatte, doch dieser ist heute und morgen im Urlaub. Wir fuhren mit der Bahn nach Pillnitz, wo wir mit der Fähre auf die andere Seite der Elbe übersetzten. Dort fütterten wir erst Schwäne, Gänse, Enten und ziemlich dreiste Möwen, bevor wir uns auf den Weg zum Pillnitzer Schloß mit dazugehörigem Park machten. Wir hatten freie Wahl, wer mit wem wohin geht. Ich habe mich den „Muttis“ (ausschließlich Frauen 50+, die Depressionen haben und mich wie eine Ziehtochter behandeln) angeschlossen. Unsere Gesprächsthemen waren in der Stunde, die wir Zeit hatten, sehr durchwachsen. Von Lieblingsbüchern, Geschichte, Schulzeit und natürlich der Krankheit war alles vertreten. Es tat gut, mit den Anderen zu reden und nicht alleine zu sein. Gemeinsam erkundeten wir den Park, die Schlossanlage und beobachteten im Park Eichhörnchen, die sich ans Werk machten einige Nüsse zu finden und sogleich zu verstecken. Weil ich meinen Schal vergessen hatte, habe ich von der „Mutti“ D. einen Schal geliehen bekommen. „Mutti“ H. schenkte mir die Blüte einer Kamelie, die in einem eigens angefertigten Gewächshaus untergebracht war. Von der Orangerie ging es weiter zu der Büste der Gräfin Cosel (vermuteten wir), hinüber zu Basaltsäulen und dort trafen wir wieder auf unsere anderen Mitpatienten und unsere Ergotherapeutin, die uns begleitete. Mir war furchtbar kalt, aber es war ein wirklich schöner Spaziergang. Danach mussten wir leider schon wieder in die Klinik zurück. Wir nahmen den Bus über das Blaue Wunder, entlang an den Weinhängen der Elbe, durch verschiedene urige Stadtgebiete, die ich zum ersten Mal sah.
Kamelie
In der Klinik angekommen ging es zum Mittagessen. Nachmittags fiel die Musiktherapie aus, weil der Therapeut krank geworden ist. Dafür haben wir mit einer Krankenschwester eine alternative Form von „Mensch, ärgere dich nicht“ gespielt. Das war ein schöner Ausklang des Tages.
Der Freitag begann nicht so gut. Zuerst habe ich um Stunden verschlafen und bin trotzdem noch mal in der Straßenbahn eingeschlafen. Müde ging ich in die Klinik. Dabei habe ich allerdings ganz gut geschlafen, sicher 6 Stunden. Aber ich fühle mich dennoch wie gerädert. Als ich in der Klinik ankam, entschuldigte ich mich bei der Krankenschwester. Es war nicht schlimm, das ich verschlafen hatte. Nur habe ich die Morgenrunde und das Spiel in der Gruppe verpasst.
Der restliche Tag wird recht anstrengend. Erst Fitness/Sport, dann Progressive Muskelentspannung, tanzen und Abschlußrunde der Woche.

II – Woche 16 – Tagesklinik

Nachdem ich gestern Abend wieder einen Nervenzusammenbruch hatte, hatte ich heute gleich zwei Einzelgespräche bei meinem Psychologen. Gestern Nacht hatte André sogar bei der Station 82 (der geschlossenen) angerufen um zu fragen was wir machen sollen, wenn es mir so schlecht geht. Die Antwort war: „Solange Sie sich nicht lebensgefährlich verletzen, sehe ich keinen Grund für eine Aufnahme.“ Das war ein ganz schöner Schock.
Dafür haben wir im Einzelgespräch geklärt, dass ich bei der nächsten Krise für maximal vier Tage aufgenommen werde, um eine erneute Hospitalisierung vorzubeugen. Außerdem wird meine Verlegung auf die PIA bald erfolgen, wenn ein Platz frei wird. Meinen ersten Termin inder PIA habe ich heute schon ausgemacht. Er wird am 2. März stattfinden, bei einer mir noch unbekannten Psychologin. Ich bin über diese Einigung mit meinem Psychologen sehr froh. Er hat mir zu erst alle Möglichkieiten, die es gibt, vorgeführt und dann haben wir gemeinsam das Für und Wider abgewägt. Und ich finde auch, dass es so am besten ist. Das bedeutet nun, dass ich nur noch bis Ende Februar in der Tagesklinik sein werde. Aber das ist sicherlich erstmal die beste Lösung, da ich merke wie mir die TK psychisch extrem zu schaffen macht. Mein Psychologe meinte auch, dass die TK die anstrengendste Form der Therapie sei. Die PIA hingegen ist viel lockerer organisiert, da man nicht einen kompletten „Arbeitstag“ an Therapien mitmachen muss, sondern nur einzelne Angebote besuchen kann.
Zur Beruhigung für Krisensituationen habe ich heute zum Glück Bedarfsmedikation mitbekommen. Das Medikament heißt Promethazin, damit habe ich bereits vor meiner Einweisung gute Erfahrungen gemacht. Es sediert vorrangig, macht also müde, wirkt aber auch gegen psychotische Symptome, da es ein Neuroleptika ist (Neuroleptika sind Medikamente gegen psychotisches Erleben). Vorerst habe ich geringe Dosen mitbekommen, sicher weil ich ja unter anderem wegen Suizidalität behandelt wurde und werde.
Eigentlich freue ich mich jetzt schon richtig auf die PIA, da mir der Kontakt zu den anderen TK-Patienten zu viel ist. Ich mag wirklich alle sehr gerne, aber dieser enge Kontakt sorgt dafür, dass ich deren Probleme wie ein Schwamm aufsauge und es mir dadurch noch schlechter geht. Außerdem ist mir die Struktur noch zu straff, und da es keinen Rückzugsort gibt läuft mein Kopf auf Dauerfeuer.
Ich bin dem Psychologen, den ich jetzt in der TK habe, sehr dankbar. Ich mochte zwar auch die beiden Psychologinnen von der Station 82 und 84, aber er scheint bisher die meisten Erfahrungen gesammelt zu haben. Außerdem hat er wirklich gute Sichtweisen und Hinweise bzw. Tipps für Probleme. Und ich muss keine Verhaltensanalysen mehr machen 😉

I – Woche 16 – Tagesklinik

Montags ist mit Abstand der schlimmste Tag der Woche. Denn es ist Visite, was bedeutet das ansonsten keine Therapien statt finden. Ich habe das große Glück die letzte zur Visite zu sein, womit ich den Tag bis zum 12 Uhr nur mit warten verbringen kann. Dennoch ist die Visite für mich wichtig – denn ich muss unbedingt meine Schlafstörungen abklären lassen. Bisher habe ich nur mit dem Psychologen darüber geredet und laut ihm soll ich tagsüber einfach mehr machen (als ob ich das nicht schon tun würde!). Weiterhin gibt es nichts wichtiges zu besprechen. Aber man hat ja angedeutet das die Medikamente umgestellt werden sollen, vielleicht könnte das mein Schlaf-Problem lösen. Einfach ein stärker sedierendes Medikament ansetzen. Aber so einfach wird es wohl nicht sein.
Die Visite ist durch und leider gibt es keine positiven Neuigkeiten. Den Arzt hat meine Schlafstörung nicht wirklich interessiert, ich soll meine Tabletten, das Olanzapin, einfach später einnehmen. Vielen Dank auch!
Morgen habe ich ein Einzelgespräch mit dem Psychologen. Ich weiß gar nicht, was aktuelle, wichtige Themen sein sollen. Mir fällt partout nichts ein. Denn verhaltenstherapeutisch lassen sich Schlafstörungen auch nicht zeitnah beheben.

PIA und ich

Beim letzten Gespräch kam heraus, dass ich wahrscheinlich in die Psychiatrische Institutsambulanz (kurz: PIA) soll. Das würde bedeuten, dass ich dort einen Psychiater und Psychologen habe, zu dem ich (wöchentlich?) gehen kann. Vor allem, dass ich mir keinen Psychologen suchen und Monate lange warten muss ist ein riesiger Vorteil. Die Psychiater dort stellen mir auch meine Rezepte für die Medikamente aus. Noch ein Schritt weiter in Richtung Selbstständigkeit.
Die PIA nimmt nicht jeden Patienten auf (sonst wäre sie bei der Dichte an Patienten zu voll), sondern vorrangig chronisch und schwer psychisch Kranke. Leider falle ich unter diese Kriterien…was aber andererseits ermöglicht, dass ich dort die Therapie in Anspruch nehmen kann.
Versorgungsschwerpunkte sind die Behandlung schwer und chronisch Kranker im Rahmen der Nachsorge, aber auch Notfallpsychiatrie. Ziel ist die Vermeidung oder Verkürzung stationärer Behandlung, aber auch die Sicherstellung einer Behandlung für Patienten, die von den Angeboten niedergelassener Ärzte nicht oder nicht ausreichend erreicht werden. Das Versorgungskonzept stellt praktisch eine integrierte Versorgungsform dar […]
– CC-BY-SA 3.0, Wikipedia
Das ist die Definition und die Ziele, die in der PIA erarbeitet werden sollen.

„Normal“ von Allen Frances

Rein zufällig hab ich in der Krankenhaus-Bibliothek einen Schatz gefunden, den ich schon lange gesucht hatte. Das Buch habe ich im Buchhandel schon quergelesen und war zum Fazit gekommen es unbedingt lesen zu müssen – und ohne das ich daran dachte fand ich es in der Krankenhaus-Bibliothek wieder. Es geht um Allen Frances Buch „Normal – Gegen die Inflation psychiatrischer Diagnosen“.
Eine ständig expandierende Psychiatrie, die sich mühelos über die ohnehin schwache Grenze hinwegsetzt, hat den Bereich des „Normalen“ sehr schnell schrumpfen lassen. Sind die Wutanfälle meines Sohnes normaler Bestandteil seiner Entwicklung oder ein frühes Warnsignal für eine bipolare Störung?  […] Ist meine Tochter eine kreative Exzentrikerin oder eine künftige Psychotikerin, die massive Psychopharmaka braucht?
– Zitat von Seite 64 f., Allen Frances, DuMont Verlag
In drei Teilen wird sich dem Thema Normalität, Krankheit und Modediagnosem gewidmet. Man erhält einen Überblick über die Entwicklung des fast unfassbaren Begriffes „normal“ und den geschichtlichen Veränderungen der Psychiatrie. Durch viele Fallbeispiele wird dem Leser aufgezeigt was Falschdiagnosen bewirken können.
Für mich ganz klar eines der Bücher (für Laien) über Psychiatrie!

II – Woche 15 – Tagesklinik

Mittlerweile ist die Tagesklinik zu meinem Alltag geworden. Jeden Morgen um 6:15 Uhr aufstehen, Zähne putzen, zur Bahn gehen – nur um rechtzeitig an den vielen Morgenrunden teilzunehmen, am Frühsport und am Singen, zur Ziele-Runde und zum schauen, welche Ziele die Woche erreicht wurden. Es fällt mir unheimlich schwer, mich jeden morgen dazu aufzuraffen, auch wirklich in die TK zu gehen. Aber es ist nicht das Einzige, was mir schwer fällt. Auch die Tatsache, dass ich derzeit effektiv vielleicht 2-4 Stunden schlafe tun ihr Übriges dazu…und derzeit habe ich noch keine Tipps, die mir das Ganze angenehmer gestalten. Wenn ich doch nur einmal wieder vernünftig schlafen könnte…
Das Einzelgespräch am Donnerstag Mittag lief überraschend gut. Wir haben zuerst über die schlimme Nacht vom Mittwoch geredet, in der ich ziemlich verzweifelt war. Leider kam ich bei der Telefonseelsorge nicht rein, weswegen ich eine E-Mail an die Hilfe von [U25] Dresden gesendet habe, die unter anderem Suizidprävention für unter 25jährige anbieten sowie generell Seelsorge. Leider kam noch eine gescheite Antwort aus dieser Richtung, mir wurde aber versprochen, dass noch eine folgen möge. In dem Gespräch wurde außerdem noch über mein Schlafverhalten, sowie Möglichkeiten für besseren Schlaf gegeben.
Derzeit bin ich wieder unter ziemlichen Stress. Auf Station scheint es einen Spitzel für die Ärzte und Psychologen zu geben und unintelligent, wie dieses System ist, trägt er auch noch denselben Namen wie ich. Das ist schon auffällig. Leider weiß ich nicht, wie ich damit umgehen soll. Vermutlich erstmal Abstand halten und dann sehen, was sich ergibt.
Heute habe ich von einer Mitpatientin eine CD und ein kleines Glücksarmband geschenkt bekommen. Das hat mich wahnsinnig gefreut. Auf der CD ist ein Mantra zur Entspannung drauf und das Armband hat nach uralten Traditionen Augen-Perlen, die auf mich Acht geben sollen…das ist so lieb. Habe mich richtig, richtig sehr darüber gefreut. Mit ihr habe ich dann noch lange persönlich geredet, vor allem über sensible Themen wie Eingliederung in den Alltag, Beziehungen und unser Status „in der Welt“. Ich habe mich richtig verstanden gefühlt – es tat gut mit ihr zu reden.

Ort der verlorenen Socken

Einst, vor langer, langer Zeit, gab es eine Maid, die seit einigen Monden von ihrem Geburtsort Thyrmien in die Weite gezogen war. Dort, so hieß es, findet man das Glück auf den Straßen, liebäugelt man mit Engeln und kann sich satt sehen an Kultur. Die Maid und ihr Gemahl zogen nun fort in diese ihnen fremde Welt, in der es vor Magie nur so strotzte.
Doch bald schon musste die Maid einsehen, dass es nicht ganz so einfach war, das Glück zu finden, allein zu leben und der Herr seiner eigenen Tragödie zu sein. Thyrmien lag fern und nur selten verschlug es die Maid dorthin…

Und der Maid war Not am Mann, als sie der verantwortungsvollen Aufgabe unterlegen war, ihre Wäsche zu waschen. Auf 26 Quadratmeter macht es sich mit Waschmaschine nicht allzu gut…also ging ich mit klopfendem Herzen zum ersten Mal in den Waschsalon. Natürlich „SB“ – Selbstbedienung. Das machte es nicht unbedingt einfacher!
So packte ich meine sieben Sachen und zog los…und fand mich bald wieder in Reich der verlorenen Socken!

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I – Woche 15 – Tagesklinik

Nachdem ich am Montag zeitiger die Tagesklinik verlassen habe (einen Dank an Magen-Darm-Erkrankungen) beginnt der Tag heute überraschend gut. Alle haben mich gefragt, ob es mir besser geht, haben sich um mich gesorgt und waren total nett. Das freut mich so unheimlich. Ich bin angekommen – und das mehr als gut. Außerdem haben sich in den Wartezeiten für die Therapien nette Gespräche ergeben.
Am Donnerstag habe ich mein erstes Gespräch nach der Aufnahme bei dem Psychologen der Station. Die Therapien sind ansonsten nicht großartig anders wie auf Station, außerdem gibt es wider Erwarten mehr Ruhezeiten und Pausen. Das hilft mir gut durch den Tag zu kommen. Dennoch schlaucht gerade der Sport ziemlich. Dadurch, dass ich derzeit wieder schlecht schlafe bin ich auch ziemlich kaputt und komme kaum aus dem Bett. Alpträume sind wieder an der Tagesordnung. Leider…ich habe wirklich Angst, dass derselbe Spaß, das psychotische erleben, wieder von vorne los geht. Denn so hat es einst angefangen.

III – Woche 14 – Tagesklinik

Nach dem Frühstück auf Station hieß es Sachen packen. Dann ging es in die erste Etage auf die Tagesklinik. Ich kannte die Räumlichkeiten durch meine Psychologin von der geschlossenen Psychiatrie und durch Vorab-Besuche, damit der Übergang einfacher wird. Am selben Tag hatte ich bei einem anderen Psychologen ein erneutes Aufnahmegespräch, bei dem ich meine Ziele für die Tagesklinik formulieren sollte. Außerdem fragte er mich über meine Halluzinationen aus, wie ich die Schatten sehe, was ich höre, wie das Blut aussieht, dass ich manchmal sehe. Danach hatte ich mein drittes EEG – aber zum ersten Mal mit Dreadlocks, was eine ganz schöne Herausforderung für die Neurologin war 😉
Auf der Tagesklinik ist immer ein Krankenpfleger und ein Arzt im Dienst. Außerdem kann man sich außerhalb der Zeiten auf den anderen Stationen melden, wenn etwas im Argen liegt.
Die Station umfasst ungefähr 20 Patienten. Alle sind sehr nett zu mir gewesen und haben mich begrüßt. Alle Anfänger-Fragen wurden mir beantwortet und Bahn fahre ich auch zusammen mit einigen anderen, die auch in Gorbitz wohnen.
Zusammen ist man weniger allein, heißt es. Und so ist es auch auf der Tagesklinik. Zwar gibt es ein wenig Grüppchen-Bildung, aber dennoch verstehen sich alle gut. Das Klima ist wirklich schön, entspannt und sehr, sehr freundlich. Das macht den Einstieg natürlich um einiges leichter.
Dafür ist der Tagesplan ziemlich straff und durch organisiert. Ich gerate schnell an meine Grenzen. Vor allem die langen Gesprächsrunden und der viele Sport machen mich ziemlich schnell kaputt. Abends falle ich ins Bett…aber daran werde ich mich schon noch gewöhnen.