Die erste gemeinsame Reise

Die letzten vier Tage in einen Beitrag zu bündeln, fällt mir sehr schwer. Es ist einfach sehr viel passiert: neue Umgebung, neue Menschen, neue Erfahrungen. Deswegen ist dieser Bericht sicherlich mit einigen Lücken und mit subjektiven Eintrübungen.

Aber fangen wir am Dienstag an:

Es ist knapp nach acht Uhr, als ich am Campus der Evangelischen Hochschule Dresden ankomme. Mir laufen drei Mädchen praktisch in die Arme und fragen, ob ich auch ein „Ersti“ bin – ich bejahe und wir gehen durch die Uni auf einen kleinen Park auf dem Campus. Langsam füllt sich alles mit Studenten allen Geschlechtern und Alters. Mehr junge Frauen als Männer allerdings. Ich setze mich zwischen meine Kommilitonen und warte, bis Tutoren und Dozent zu uns stoßen. Wir werde begrüßt und machen ein paar Spiele, um uns kennenzulernen.

Wir werden in Gruppen eingeteilt: Wasser, Luft und Erde. Ich bin Team Erde – es ist mein Lieblingselement. Der Tag ist ziemlich durchstrukturiert und wir werden erst als Gruppe Erde über den Campus geführt, uns wird Mensa und Bibliothek gezeigt. In mehreren kurzen Vorträgen wird uns das wichtigste über das Studium erzählt. Danach gehen einige neue Studenten in die Mensa und verbringen die Mittagspause zusammen. Unser Tag vergeht schneller als erwartet. Aber ich bin wirklich geschafft und müde.

Mittwoch bis Freitag steht dann eine gemeinsame Reise an, in die Jugendherberge Liebethal in Pirna. Wir kommen am Hauptbahnhof Pirna an und wandern dann sechs Kilometer zur Unterkunft. Es hätte so schön werden können…hätte ich nicht absolut unpassendes Schuhwerk an und reibe mir die gesamten Füße auf. Ich bin wirklich kein Mensch, der sehr schmerzempfindlich ist, aber die Wanderung mit offenen Blasen und Blut ist dann doch zu viel. Irgendwie komm ich an, aber ich laufe wie eine achtzigjährige Oma.

Zur Mittagszeit sind wir dann in der Jugendherberge angekommen. Ich beziehe mein Zimmer: anders als erwartet – nämlich Doppelstockbetten und Gemeinschaftsbad – habe ich ein Einzelzimmer mit eigenem Bad und Fernseher. Ich beziehe noch mein Bett, dann geht der erste Tag in Pirna los.

Wieder Spiele zum Kennenlernen, Kurse, Musik und Chor, Vorträge und ganz viel Zeit zum Reden. Ich treffe auf unterschiedlichste Menschen, mit eigenen Geschichten. Auch kreatives machen wir, wie Armbänder knüpfen, Stoffbeutel bemalen und musizieren.

Es ist wirklich ein buntes Potpourri. Die jüngsten Anfang zwanzig, die ältesten über Vierzig. Ich bin mit meinen 27 Jahren im Durchschnitt. Interessant ist der Austausch über den bisherigen Weg, den meine Kommilitonen bereits gegangen sind.

Oft sitzen wir einfach da, rauchen eine Zigarette und reden. Über alles Mögliche, über die Wünsche die wir über das Studium haben, über Persönliches, Hobbys und vieles weitere. Abends sitzen wir im Kreis um eine Feuerstelle, trinken Bier und Wein und ich habe das Gefühl, als würde ich einige schon lange Kennen.

Heute, am Freitag, ging es dann wieder nach Hause. Aufgrund meiner aufgeriebenen Füße bitte ich die Dozenten, mich im Auto bis zum Bahnhof in Pirna mitzunehmen.

Ich bin wirklich richtig erschöpft, obwohl die Tage mit meinen Kommilitonen richtig schön war. Froh bin ich, dass ich trotz meiner Ängste mitgefahren bin, denn es hat sich wirklich gelohnt!

Es ist unsere erste gemeinsame Reise auf dem Weg zum Bachelor. Wir legten in Pirna den Grundstein für den Weg zum Abschluss als Sozialarbeiter*innen. Ich freue mich, den Weg mit meinen Kommilitonen zu gehen, jeder in seinem eigenen Tempo.

Countdown

Noch knapp 5 Wochen, bis das Studium beginnt.

Heute erhielt ich eine E-Mail zu der Erstsemester-Woche vom 11. bis 15. September. Ich habe am Dienstag in dieser Woche einen Infotag auf dem ehs Campus und Räumlichkeiten, Einführung in das Verwaltungsprogram und Verbindung zum WLAN.

Und von Mittwoch bis Freitag fahren wir nach Pirna und wandern nach Liebethal. Dort übernachten wir dann – was genau aber auf dem Plan steht, weiß ich noch nicht.

Es ist – auch wenn ich jetzt schon schrecklich nervös bin – eine gute Möglichkeit seine Kommiliton:innen kennenzulernen. Wenn ich die Chance verpasse, wird es schwerer sein, mich in der Gruppe einzufinden.

Es ist also eine Mischung aus freudiger Erwartung und ein bisschen Angst.

Aber so ist es immer, wenn man seinen Fuß auf Neuland setzt.

Collagrafie Kurs 2. Juli 2023

Heute war ich mit einer Freundin bei einem Collagrafie Kurs der „Kreativen Werkstatt Dresden e.V.“. Von 10 bis ungefähr 15 Uhr konnten wir Drucke gestalten.

Die Collagrafie ist eine Drucktechnik, bei der die Oberfläche einer Druckplatte mit einer Auswahl unterschiedlicher Materialien gestaltet wird.

Quelle: https://www.kreative-werkstatt.de/wpbe_offers/collagrafie/

Ich habe drei Druckplatten gestaltet, mit unterschiedlichen Motiven, aber allgemein in einem ähnlichen Stil. Es hat wirklich Spaß gemacht, mal wieder eine Drucktechnik auszuprobieren!

Darf ich stolz sein?

Darf ich stolz sein?
Darf ich sagen: „Das hast du gut gemacht?“
Irgendetwas in mir sagt: NEIN.
Warum solltest du stolz sein?
Wo du doch nichts und gar nichts schafft?
Du gehst ja nicht einmal regelmäßig in die Uni!
Andere arbeiten sogar neben ihrem Studium.

Und du?
Du bist wohl auch noch selbstzufrieden?

Die negativen Stimmen sind laut in diesen Tagen.

Und ja verdammt, ich darf stolz sein!
Schließlich habe ich schon 100% meiner schlimmen Tage überlebt.

Heute habe ich eine Postkarte und einen Brief geschrieben, ihn in der Post abgegeben und frankieren lassen.

Dann war ich in der Drogerie, habe Kleinigkeiten gekauft.

Mir einen Kaffee gekocht.

Mein „Kinderzimmer“ aufgeräumt, Ordner sortiert, ausgemistet.

Anderen Menschen geholfen.

Ja, ich bin stolz. Ich habe heute – an einem Tag – mehr geschafft als zeitweise in einer Woche. Und ich darf stolz sein.

Ich habe eine Behinderung, auch wenn keiner sie sieht. Und dennoch kämpfe ich. Und ja verdammt, ich darf es, heute, an diesem Tag, am morgigen Tag, an jedem Tag, den ich bewältige, den ich bezwinge und an denen mein Herz zufrieden sein Blut pumpt.

Und dann ruhe ich mich aus, glücklich, zufrieden. Ich habe so vieles geschafft.

Dafür nur eines:
Danke.

21 ist nur die halbe Wahrheit

Wer die Anspielung im Titel dieses Blogbeitrags erfasst, bekommt einen Keks.

Die Hälfte des Jahres 2023 ist geschafft – bald geht auch der Juni zu Ende. Und so, wie alles endet, endet auch meine (kleine) Krise. Und wieder einmal ohne Klinik. Klar, ich bin aktuell zu Hause und lecke meine Wunden (metaphorisch gesehen) und tu mir Gutes. Ich habe erst einmal die wichtigsten Termine, seien es Vorträge oder Arztbesuche, überstanden und kann jetzt Dinge für mich tun.

Was mir gerade viel Spaß macht ist Kreativität. Letzte Woche habe in einem Bastelladen Wolle und Häkelnadeln erworben und einfach durch YouTube angefangen zu häkeln. Okay…das, was entstanden ist, verdient keinen Preis, aber jeder fängt mal klein an.

Und dann habe ich das Briefe schreiben was mir sehr viel Freude bereitet. Ich habe gerade ein bisschen Papier und dazu passende Briefumschläge im Internet gekauft.

Außerdem lese ich gerade wieder mehr. Aktuell eine Autobiografie einer gehörlosen, jungen Frau.

Ich habe noch ein paar Treffen mit Freunden und Bekannten auf der To Do-Liste stehen und möchte, dass es langsam wieder etwas fester, stabiler in meinem Leben wird.

Es geht wieder aufwärts

Es scheint, als würde langsam Sommer in meiner Seele. Das schlechte Wetter und die Dunkelheit sind vorbei – heute ist der längste Tag des Jahres. Ich bin zwar immer noch sehr erschöpft und müde, habe aber Motivation und viele, viele Termine. Den Rest des Junis muss ich noch hinter mich bringen und durchhalten, danach steht jedoch Sommerpause auf dem Plan.

Kraft schöpfen – das Studium wartet im Herbst auf mich. Es wird nicht einfach, dass weiß ich. Jedoch ist es die Chance meines Lebens.

Nathan liegt viel auf dem Balkon und lässt sich sein braun-getigertes Fell durch die Sonne aufheizen. André ist diese Woche auf einer Fortbildung – wenn ich daran denke, dass es zwei Jahre jede Woche so war, dass er in einer anderen Stadt sein Studium machte! Aber da es mir gerade wieder besser geht, schaffe ich auch diese Hürde.

Ein paar Termine noch – dann erst einmal Ruhe, Zeit für mich, Pause – durchatmen…

Vier Zähne weniger

Prinzipiell bin ich nicht sonderlich empfindlich, wenn es um medizinische Untersuchungen oder Behandlungen geht.

Bis auf das Thema Zähne. Da bin ich doch schon Typus Angstpatient.

So war es denn, dass ich letzten Montag auf der Liege des Chirurgen lag, in meiner Hand fest umklammert einen Murmel Fidget, um meine Anspannung zu kanalisieren. Meine Wange war taub und fühlte sich pelzig an, ich versuchte ruhig zu atmen. Und dann dauerte es auch nicht lange: der Zahn, der noch unter dem Zahnfleisch saß, wurde aufgeschnitten und dann gezogen, der obere der Zähne wurde einfach mit einer Zange herausgezogen.

Ich merkte, außer dem Druck im Mund, keine Schmerzen, aber angenehm ist anders…

Aber damit ist das Thema erledigt. Schließlich sind die Weisheitszähne nun endgültig draußen und kommen auch nicht wieder – sodass ich deswegen keine Probleme mehr bekommen sollte.

Die vier Zähne habe ich übrigens mitgenommen.

Happy Birthday, Oma Ruth!

16.10.2019

Liebe Oma Ruth,

ich wünsche dir alles Gute zu deinem 100. Geburtstag! Leider können wir heute nicht mit dir feiern, denn du bist vor beinahe vier Jahren von uns gegangen. Ich habe dich auf deinem Weg ins Licht begleiten dürfen und habe dich noch wenige Wochen vor deinem Tod unterstützt und dir geholfen. Diese Woche war wirklich schön mit dir und wir hatten eine gemeinsame Zeit, die uns niemand mehr nehmen kann.

Nicht nur deine Enkelkinder und dein Urenkel aus Dresden feiern heute deinen Geburtstag: auch deine fünf Kinder stoßen heute auf dich an.

Es war immer sehr schön, nach der Schule zu dir zu fahren, Kaffee zu trinken und Kekse zu essen. Du warst mir sehr nah und jede Stunde mit dir war schön.

Wir denken alle immer noch gerne an dich. Zum Beispiel an deinen zahmen Schmetterling „Seppl“, der zum Sommer-Flieder geflogen ist. Oder an deine Geschichten über deinen Mann Rudolf, über deinen Hund Heidi und über den Zweiten Weltkrieg, die DDR bis in die heutige Zeit.

Danke an alle schönen gemeinsamen Stunden.

Wir stoßen heute auf dich an!
In Liebe,

Anna

Plötzliche Wendung

Freitag, der 2. Juni 2023, 11:34 Uhr:

Guten Tag Anna Kunze,

ich freue mich, Ihnen mitteilen zu können, dass Sie zum Studium im Bachelor-Studiengang Soziale Arbeit im Vollzeitstudium mit Beginn Wintersemester 2023/24 zugelassen sind.

Unfassbar.

Ich atmete erst einmal lange ein und aus um zu realisieren, was da gerade passiert ist.

Wirklich: ich hatte nicht damit gerechnet. Schließlich habe ich kein Praktikum nachweisen können, welches den Anforderungen entspricht.

Aber…ich habe es geschafft. Ich weiß nicht wie – aber das ist gerade nicht, was zählt.
Ich werde nun also die Chance bekommen, meinen Traum vom Abschluss zu erfüllen.

Natürlich wird das alles andere als leicht werden. Aber ich werde auf jeden Fall vor Antritt im September Hilfe in Anspruch nehmen. Beispielsweise bei der Studienberatung und Behindertenvertretung. Ich werde diese aufsuchen, um vor Beginn des Studiums alles abzuklären, damit ich es auch wirklich schaffe.

Ich meine, ganz ehrlich, dass es nicht am Intellekt mangelt: aber an der Belastbarkeit.

Letzte Woche dachte ich noch, dass das alles keinen Sinn bei mir macht. Das ich das Thema „Abschluss“ eh nicht schaffe, dass ich nicht einmal angenommen werde…

Und wenige Tage später kommt die Bestätigung.

Es ist verrückt. Aber eine einmalige Chance.

Und ich werde das schaffen. Vielleicht nicht in Regelstudienzeit – vielleicht mit Hilfe – vielleicht mit Pausen.

Aber ich werde – irgendwann – meinen Bachelor of Arts in Sozialer Arbeit in den Händen halten.

Krisen überwinden – Nummer 1001

Da habe ich beinahe die Hälfte des Jahres geschafft und mir platzt so eine unerwünschte Krisen-Seifenblase…

Heute Vormittag war ich notfallmäßig bei Frau Therapeutin. Etwas unschön war, dass erst der Termin letzte Woche aufgrund Krankheit ausfiel, diesen Montag Feiertag war und ich den übernächsten Montag eine Zahn-OP habe…also hätte ich seit dem 15. Mai bis zum 12. Juni keine Therapie gehabt.

Da allerdings gestern Frau Soziotherapeutin da war, die meinte, dass ich nicht so lange warten sollte, habe ich in der PIA angerufen und für heute einen Gesprächstermin ausgemacht und für Freitag einen Termin beim Psychiater – Frau Psychiaterin ist schon längere Zeit krank und seitdem war ich nicht mehr zur Sprechstunde beim Arzt.

Bewaffnet mit ein paar Notfallskills ziehe ich in den Psycho-Krieg und kämpfe gegen Selbstverletzungsdruck, Angst und Panikattacken, Stimmen und psychotische Gedanken.

Ich hoffe das ich am Freitag beim Arzt was zum Bedarf bekomme, da es gerade wirklich, wirklich schwer ist. (Und Klinik ist keine Alternative!)

So ist es eben, eine chronische Erkrankung zu haben. Spoiler: es ist absolut scheiße.

Aber gut. Auch diese Krise meistere ich – irgendwie – und in ein paar Tagen oder Wochen sieht die Welt schon wieder anders aus.