Darf ich stolz sein?
Darf ich sagen: „Das hast du gut gemacht?“
Irgendetwas in mir sagt: NEIN.
Warum solltest du stolz sein?
Wo du doch nichts und gar nichts schafft?
Du gehst ja nicht einmal regelmäßig in die Uni!
Andere arbeiten sogar neben ihrem Studium.
Und du?
Du bist wohl auch noch selbstzufrieden?
Die negativen Stimmen sind laut in diesen Tagen.
Und ja verdammt, ich darf stolz sein!
Schließlich habe ich schon 100% meiner schlimmen Tage überlebt.
Heute habe ich eine Postkarte und einen Brief geschrieben, ihn in der Post abgegeben und frankieren lassen.
Dann war ich in der Drogerie, habe Kleinigkeiten gekauft.
Mir einen Kaffee gekocht.
Mein „Kinderzimmer“ aufgeräumt, Ordner sortiert, ausgemistet.
Anderen Menschen geholfen.
Ja, ich bin stolz. Ich habe heute – an einem Tag – mehr geschafft als zeitweise in einer Woche. Und ich darf stolz sein.
Ich habe eine Behinderung, auch wenn keiner sie sieht. Und dennoch kämpfe ich. Und ja verdammt, ich darf es, heute, an diesem Tag, am morgigen Tag, an jedem Tag, den ich bewältige, den ich bezwinge und an denen mein Herz zufrieden sein Blut pumpt.
Und dann ruhe ich mich aus, glücklich, zufrieden. Ich habe so vieles geschafft.
Dafür nur eines:
Danke.
Liebe Anna, das hast du super geschrieben! Fast denke ich, solche Gedanken haben wir doch im Grunde genommen alle. Ich merke mein Älterwerden. Manchmal könnte ich „Bäume ausreisen“ , wie man so sagt. Dann wiederum habe ich keine Kraft und Energie. Das Asthma, die Arthrose und andere Unpässlichkeiten plagen mich. Nur das Nötigste im Haushalt schaffe ich dann. Die „schönen Dinge“ kommen zu kurz und das macht unzufrieden. Aber ich muss es ja akzeptieren und kann mich nicht zwingen immer zu funktionieren. Deswegen darf ich für alles dankbar sein. Ich lebe, ich werde älter – das alles ist ein Geschenk! Ich umarme dich und habe dich ganz lieb 💕 Deine Tante Marion