Ach, wenn ich nur in die Zeit zurückreisen könnte, um mir Mut zuzusprechen…
Es gab Phasen in meinem Leben, da habe ich so an mir gezweifelt. Ich war lange arbeitsunfähig zu Hause, mehr in der Klinik als in den eigenen vier Wänden. Zwar habe ich nie gänzlich aufgegeben, sondern habe immer versucht, meinen Platz zu finden.
Ich habe lange Zeit einfachste Tätigkeiten verrichtet, die mich innerlich mehr aufgeregt haben als das sie mir halfen. In der Arbeitstherapie stundenlang Tüten bekleben oder Tüten befüllen. Ich möchte betonen, dass ich nicht denke, dass das schlecht war – es war einfach nichts für mich.
Dann die vielen, vielen anderen Versuche: Bundesfreiwilligendienst, viele Praktika und Probearbeiten, viele, viele, viele Bewerbungen für Ausbildungen, Versuche zu arbeiten…
Ein Lichtblick war dann die Ausbildung zum EX IN Genesungsbegleiter. Endlich konnte ich meine Stärken nutzen! Auch die Arbeit beim ptv Sachsen e.V. war für mich ein Meilenstein – mein erster Job! Und ich bin auch nicht unzufrieden zu sagen, dass ich diesen immerhin anderthalb Jahre gemacht habe. Für mich ein Wahnsinnsschritt!
Anschließend die Entscheidung: ich möchte studieren. Ich möchte meinen Kopf einsetzen, ich will lesen und mich weiterbilden, ich möchte diskutieren und Fragen stellen, ich möchte mein Potenzial nutzen!
Und da sitze ich nun: im Hörsaal der ehs Dresden, das iPad vor mir, links und rechts Kommilitonen und vorn der Professor. Ich tippe eifrig auf die Tastatur und sauge alles auf wie ein Schwamm.
Wenn die Vergangenheits-Anna das nur sehen könnte! Ich habe einen strengen Bewerbungsprozess bewältigt, bin mit völlig fremden auf die Erstsemester-Fahrt gegangen, ich habe es geschafft mich in die Kurse einzuschreiben.
Da sitze ich nun, bereit, alles zu geben. Ich möchte es schaffen. Irgendwann – nicht heute, nicht morgen, nicht in Regelstudienzeit – werde ich eine Bestätigung erhalten: ich habe studiert und einen Bachelor-Abschluss. Dann bin ich Sozialarbeiterin und kann alles, was ich erlebt habe, mitnehmen in meine Arbeit. Und werde zurücksehen auf eine Zeit, in der ich nicht einmal im Stande war einkaufen zu gehen oder sich um sich selbst zu sorgen.
Daran glaube ich.
Ich bin soooo stolz auf dich und was du alles bewältigt hast um hierher (und noch weiter) zu kommen! Die Zukunft strahlt und die Götter segnen dich ❤️
Das war die Anna, die noch nicht gereift war…vom Leben, von der Krankheit. Das war die Anna , damals, die sich mit allen anderen verglichen hat und immer an sich gezweifelt hat und sich nicht für gut genug befunden hat. Das war aber auch die Anna, die schon damals immer gekämpft hat und sich hat nicht klein kriegen lassen, die frühere Anna hat den Grundstein gelegt, dass die heutige Anna im Hörsaal sitzen kann und daran glaubt, ihrer Weg zu gehen. Es ist dein eigener besonderer Weg….alles beginnt mit dem ersten Schritt .
Liebe Anna,
auch hier nochmal alles Gute. Und ein Lichtblick auch ich habe (nicht in Regelstudienzeit, aber mit viel Spaß) ein Studium abgeschlossen, trotz Schizoaffektiver Störung.
Lass dich von den Hochs tragen, nimm alles mit was du kannst und verzweifel nicht in den Tiefs <3
In mentaler Verbundenheit,
Loenie