Ein bisschen depressiv, aber trotzdem entspannt

Die letzten Tage waren mal wieder reiner Horror. Schlafstörungen, die auch nicht mit Promethazin und Tavor gelöst werden konnten, starke Reizüberflutung und Geräuschempfindlichkeit gepaart mit körperlichen Sinnestäuschungen und Angst. Heute schien es so weiter zu gehen, aber über den Tag hat sich die Krise wieder verkrochen und mein wahres Ich ist zum Vorschein gekommen. Jede Krise ist eine mentale und körperliche Tortur, die Spuren hinterlässt, die Angehörigen verunsichert und einem an der eigenen Existenz zweifeln lässt. Ich neige sehr zu suizidale Gedanken, das war schon immer so. In Krisenzeiten ist das natürlich besonders schlimm. Ich war kurz davor freiwillig in die Klinik zu gehen weil ich mich nicht absprachefähig hielt (heißt: ich konnte nicht versichern, das ich mir nichts antue). Aber die Angst vor blöden Ärzten hielt mich davon ab. Ich hatte das ja schon mal: Krise, Panikattacken und schreckliche Angst, im Krankenhaus angerufen nur um vom Dienstarzt gesagt zu bekommen: „Solange Sie sich jetzt nicht die Pulsadern aufschneiden, sehe ich keinen Grund, Sie aufzunehmen.“ Arschloch! Das hat mich natürlich dahingehend provoziert, das ich das fast getan hätte, ist aber eine uncoole Variante des Selbstmordes, halt nicht besonders effektiv.
Jedenfalls habe ich heute dennoch meine Termine wahrgenommen (zweimal Arbeitstherapie und einmal Treff mit Laura) und es ging sogar. Durch die Schlafstörungen bin ich in der Straßenbahn fast weggeschlafen, aber es ging mit Koffein auszuhalten. Heute war Jugendgruppe von der Arbeitstherapie aus. Ich war da schon, sagen wir, vier oder fünf mal, hatte aber öfters Ausreden gefunden, dort nicht erscheinen zu müssen. Ich habe mich einfach schrecklich unwohl gefühlt und hab keinen Draht zu den anderen gefunden. Heute musste ich ein Spiel für die Gruppe mitbringen und wider Erwarten lief es echt gut. Ich musste sogar herzlich lachen, weil wir heute eine tolle Gruppe waren und das Spiel echt gut aufgenommen wurde. Wir haben Privacy gespielt, da bekommt man Fragen oder Statements gesagt und muss anonym seine Meinung dazu abgeben und die Anderen müssen raten, wie viele dem zustimmen. Natürlich waren das alles lustige oder nicht peinliche Fragen (es gibt noch eine „Not Safe for Work“ Variante, die etwas derbe Fragen beinhaltet) und wir hatten echt Spaß. Dann bin ich mit einem Teilnehmer zum Bus gelaufen und wir haben uns noch echt gut unterhalten, obwohl ich bis heute nicht viel von ihm hielt.
Der Herbst und beginnende Winter schlägt bei mir immer gnadenlos zu. Schlafstörungen, depressive Grundstimmung, Ängste und Lustlosigkeit inklusive.  Ich hoffe das das mit überstehen der letzten Krisentage wieder etwas besser wird. Am Donnerstag habe ich einen Psychotherapie Termin und werde dort noch einen Termin für die PIA Ärztin ausmachen. Ich habe mit dem Zeldox, das ich erst seit anderthalb Monaten nehme, noch deutlich Luft nach oben. Und gerade für die Sinneswahrnehmungen wäre etwas Abschirmung aus pharmakologischer Sicht noch wünschenswert. Außerdem hatte ich mit einer niedrigeren Dosis Zeldox auch mit krassen Suizid-/nihilistischen Gedanken zu tun, und ich hoffe mit einer Dosisanpassung wird das wieder etwas besser.
Vor knapp zwei Jahren hatte ich meine „Horrorpsychose“. Unglaublich, wie seitdem die Zeit vergangen ist. Und traurig, das ich noch immer an der Nachwirkung dieser Psychose zu leiden habe. Derzeit ist es schwer, Hoffnung zu haben und nach vorn zu blicken, weil es so aussichtslos erscheint. Arbeit, Ausbildung, Abschluss, alles in so unreichbarer Ferne. Ich bin extrem leistungsorientiert und der Gedanke, das ich nächstes Jahr meinen Bachelor gemacht hätte, wäre die Psychose nicht dazwischen gekommen, macht mich unsäglich verzweifelt. Aber gut. Es heißt nicht, das ich nie einen Abschluss erreichen werde. Irgendwann werde ich einen Ausbildungsabschluss haben, vielleicht sogar den ersehnten Bachelor? Man weiß es nicht. Auch wenn ich derzeit nicht erwartungsvoll in die Zukunft blicken kann, heißt das nicht, dass es nie eintreten wird.

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