Alltagspsychologie

Ich bin mittlerweile seit durchgängig fünf Jahren in Therapie. Und wenn ich ein Resümee ziehe, wird mir klar, wie abhängig ich von Gesprächstherapien bin. Mittlerweile kann ich mir nicht mehr vorstellen, was ein „normaler“ Mensch macht, wenn er vor einer wichtigen Aufgabe steht, Stress hat oder etwas Neues ansteht. Man kann mit Freunden, Familie, Bekannten darüber reden, ich weiß. Das mache ich zum Teil ja auch so. Aber wer gibt einem die ausreichende seelische, aber dennoch neutrale Hilfestellung? Vielleicht sind gesunde Menschen in der Lage, sich selbst so weit auszugleichen. Das, was ich noch nicht kann. In einer Krise wieder aus dem tiefen Loch heraus finden, neuen Mut schöpfen, weiter machen. Krise bedeutet für mich, wieder am Anfang starten, erst einmal aus dem Loch heraus geholfen werden. Und dann einige Schritte an der Hand laufen, bis man wieder selbst laufen gelernt hat.
Heute war ich wieder bei Locke. Dank einem Straßenbahnausfall bin ich zu spät gekommen, was mir irrsinnig peinlich war. Wir haben vor allem über die Ängste geredet, dass Andere über mich reden und lästern. Das ist beim Reiten gerade sehr aktuell. An der Bande sitzen immer andere Reitermädels und ich hasse ihr flüstern, kichern, reden. Ich kann mich dann gar nicht mehr auf das Pferd und die Lektion konzentrieren.
Außerdem haben wir einen Schlachtplan entworfen, wenn sie im Urlaub ist. Nächste Woche habe ich noch mal einen Termin und dann zwei Wochen nicht mehr. Hilfe, seit einem Jahr hatte ich schon keine Therapiepause mehr. Das macht mir auch wieder Angst. Aber ich kann zur Not, in der Krise, immer in die PIA kommen. Das ist gut.
Eigentlich hätte ich heute zur Psychiaterin gemusst, aber die hatte nach ihrer Pause wieder ihren ersten Tag und sehr viel Stress. Ich hätte noch anderthalb Stunden warten müssen. Deswegen hab ich sie entlastet und bin nach Hause gegangen. Nächste Woche Dienstag ist dann der Termin.

Eine Antwort auf „Alltagspsychologie“

  1. Hallo Anna,
    du fragst dich:
    „Aber wer gibt einem die ausreichende seelische, aber dennoch neutrale Hilfestellung? “
    Ich bin überzeugt, das geht gar nicht. Wer wie ich deinen Blog -mehr oder weniger- regelmäßig begleitet, kann gar nicht „neutral“ bleiben. Anteilnahme, Interesse bedeutet auch immer „mit Herz dabei sein“. Und ein Herz ist nicht neutral. Sei froh darüber, neutrale Hilfestellung ist steril.
    Das Kichern, Flüstern, Reden bei eigenen Beiträgen vor Publikum kenne ich auch gut, macht öfter sehr unsicher. Aber wenn du nachforscht, stellt sich meist heraus, das hatte gar nichts mit einem selbst zu tun, galt anderen Dingen im Gespräch.
    Kennst du von Hirschhausen „Das Pinguin-Prinzip“, witzig aber auch sehr wahr: https://www.youtube.com/watch?v=Az7lJfNiSAs
    Liebe Grüße
    Rainer

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