Zwischen den Welten

Ich bin derzeit ein bisschen nachlässig mit dem schreiben, ich weiß. Das liegt zum einen daran, daß so viel nicht passiert, zum anderen das ich nicht so wirklich weiß wie es mir geht.
Ich würde nicht behaupten das ich derzeit depressiv bin, ich denke ich kann das mittlerweile einschätzen. Aber mir fallen manche Dinge so schwer. Auch würde ich das nicht darauf schieben, das ich zu hause bin, ohne Arbeit etc. Damit komme ich derzeit ganz gut zurecht, ich habe mir viel aufgebaut.
Es ist eher… Die Ruhe vor dem Sturm. Es macht mir etwas Angst.
Ich schwanke zwischen Emotionalität und absoluter Gefühllosigkeit.
Emotionalität – ohne traurig zu sein kommen mir ständig die Tränen, was eher untypisch für mich ist. Wenn es mir richtig schlecht geht weine ich auch mal. Aber nicht bei Filmen/Liedern, so wie es derzeit der Fall ist. Und das völlig ohne vorausgehende Gefühle oder Gedanken, einfach so, bei vielen Tätigkeiten.
Gefühllosigkeit – ich laufe irgendwie durchs Leben und es ist ok so wie es ist. Aber wenn etwas schönes passiert freue ich mich nicht, wenn negative Nachrichten komme bin ich nicht traurig.
Zu dem werden die Ängste/Befürchtungen wieder mehr. Und ich will das einfach nicht. Möchte mich sträuben vor allem. Möchte nicht einsehen das mein Zustand schwankt und einfach weiter machen. Die Ängste lähmen und ich kann kaum darüber reden. Mit niemanden, weil ich mir so doof vorkomme. Die Reaktionen sind für mich einfach immer bedrückend und machen mich noch unsicherer. Auch Locke versteht mich da oft nicht.
Generell kommen wir derzeit nicht so richtig auf einen Nenner.
Ich weiß langsam einfach nicht mehr, was ich machen soll. Ich will nicht so weiter leben, Locke ist gegen Klinik und ich habe auch nicht so Lust auf Medis, aber nur drüber reden hilft akut nicht. Ablenken nur kurzzeitig. Mit anderen Menschen… Traue ich mich nicht.
Eigentlich würde ich am liebsten meine altbewährte Taktik nutzen. Verkriechen, mit niemandem reden, still leiden. Ich weiß jedoch, wo das hinführt…
Ist eine verzwickte Situation.

Berufsunglück

Ich lief durch den Park, indem ich jeden Winkel, jeden Baum, jede Bank kannte. Es war Herbst geworden und die kahlen Bäume kratzten am grauen Himmel. Laub fegte durch den scharfen und kalten Wind über die gepflasterten Wege. Ich setzte mich vor den Neptunbrunnen und sah zu, wie die Krähen über ihm kreisten. Graubedeckte Himmel mit dunklen Schwingen gezeichnet. Ich wollte zur Infoveranstaltung des BTZ, um mich weiter über berufliche Reha zu informieren. Aber ich war gnadenlos zu zeitig da und deswegen hatte es mich in den Park des naheliegenden Krankenhauses, in dem ich so viel Zeit verbracht hatte, verschlagen.
Als ich zurück kehrte, ging ich zu A. aus der Selbthilfegruppe, der derzeit auch am BTZ eine Maßnahme macht. Wir unterhielten uns und er lenkte mich von meiner Unsicherheit und Angst ab. Bald schon kamen andere Interessenten, und, oh Wunder, ich kannte einige von ihnen aus der Klinik.  Eine Mitarbeiterin des Beruflichen Trainings kam und begann mit der Präsentation über das BTZ. Sie erklärte das Modell, die Ziele, die Arten und Leistungen. Im Anschluss machten wir einen Rundgang durch das Gebäude und lernten die verschiedenen Arbeitsbereiche kennen. Am meisten interessierte mich der gestalterische Bereich mit Buchbindung, Mediengestaltung und das Labor, sowie die Schneiderei. Mal sehen, ob ich teilnehmen kann und dann die Bereiche kennen lerne…
Wenn die Personalabteilung im Krankenhaus endlich auf meine Kündigung reagieren würde, könnte ich dem Sozialdienst Bescheid geben, das ich mich für die Reha entschlossen habe und das durchziehen möchte. Aber seit einer Woche keine Reaktion…
Das Wochenende wird ruhig, ich werde ein wenig stricken, auf Miezi aufpassen und eventuell durch die Stadt spazieren gehen.  Und möglicherweise Kaffee trinken gehen. Hab ich das schon mal erwähnt? Ich liebe Kaffee.

Ich weiß gerade nicht, wie es mir geht. Ob es mir gut geht. Ob es mir schlecht geht. Gerade bin ich sehr sensibel. Ich könnte wegen Kleinigkeiten in Tränen ausbrechen. Ich höre wieder viel (an euch da oben: langsam nervt’s). Ich habe sehr viel Angst.
Ich wünsche mir…das es langsam mal wieder aufwärts geht. Eigentlich dachte ich, das ich mir das mittlerweile verdient hätte. Irgendwo. Ich kämpfe schon so lange. Und immer wieder gibt es Einbrüche in den vereisten See, unter dem die Depression, die Angst, die Psychose lauert.

Unklarheit

Arbeitsperspektive ungeklärt. Ob ich weiter mache oder aufgebe. Ob ich die Station wechsle oder versage. Am Montag ein Gespräch mit dem Sozialdienst. Thema: wie geht’s weiter? Im Raum steht berufliche Reha. Aber ob das was bringt? Ob es mir schlecht genug geht? Ob ich das Recht dazu habe?
Wie stelle ich mir mein Leben vor? Das ich reich werde hab ich nie verlangt. Nur glücklich werden erhoffe ich mir. Mit dem, was ich tue. Mit dem, was ich bin.
Ich verlange nicht viel: nur eine Ausbildung zu haben und zu arbeiten. Und dabei nicht völlig unter zu gehen.

Zombie-Modus

Am Montag hatte ich einen Termin bei der Psychiaterin. Es wird wieder herumgedoktert. Ich präsentiere: Anna auf Risperidon.
Eigentlich sollte es nur leicht sedierend  wirken. Aber irgendwie haut es mich kurz nach der Einnahme  total um. Wenn ich in der Nacht aufwache fällt jede Bewegung schwer. Es ist, als wäre ich fixiert. Und ich erinnere mich auch nicht an reichlich desorientierte und verrückte Gespräche, die ich unter Risperidon führe. Wie ein Zombie komme ich mir vor… aber wenn es wirkt?! Dann ist es wohl zu ertragen!
Nächste Woche startet das Jahr im Bundesfreiwilligendienst. Ich muss nicht erwähnen wie sehr mir das Angst macht. Wieder alles fremd, neu, anders. Durchstehen. Abwarten. Schaffen.

Endlich Offenheit

Heute ein kurzes Fazit zur Therapiestunde des Tages. Ich bin wieder mit einem unguten Gefühl in die PIA gekommen. Die Aufregung vor einem Termin ist mir so bekannt wie das tägliche Zähneputzen. Nachdem wir kurz die Diary Cards verglichen haben – es gab etwas zu feiern! die erste DC, die keinerlei Selbstschädigung aufzeigte – meinte Locke zu mir, dass ich frei reden soll. Schließlich gab es keine Verhaltensanalyse zu bearbeiten oder aufzustellen und die Themen von letzter Woche waren auch gegessen.
Demnach begann ich, darüber zu reden. Über den fehlenden Antrieb. Die Angst. Die Depression. Die Gedanken.
Wir erarbeiteten ein Modell, was man gegen diese Tiefphasen machen kann. Dann sammelten wir Ideen, welche positiven Aufgaben ich in meinen Tagesablauf einbauen kann um ihn besser zu strukturieren.
Ich habe es also geschafft mich endlich etwas zu öffnen. Und im Nachhinein denke ich: War es wirklich so schwer?

Tage wie diese…

Eigentlich sollte es mir gut gehen. Ich bin endlich wieder frei. Das Klinikmonster hat mich nicht mehr zwischen seinen Fängen, umschließt und versperrt mich nicht mehr. Ich kann gehen, wohin ich will, ich kann lachen, tanzen, mich unbeschwert fühlen. Endlich!
Warum kann ich es dennoch nicht? Was hindert mich daran, genau dies zu tun? Zu lachen, zu tanzen, mich unbeschwert fühlen? Ich bin immer noch gefangen. Nicht durch das Klinikmonster. Durch mich selbst.
Fragt man mich, wo ich stehe – auf einer Skala von 1 bis 10 – müsste ich ehrlich antworten: 7. Wenn 10 sehr schlecht bedeutet und 1 hingegen sehr gut. Ich weiß nicht, wie ich mich von dieser 7 lösen soll. Damit es besser wird. Die Stimmung ist immer gedrückt und mir fällt es schwer „schwingungsfähig“ zu sein. Zu reagieren auf meine Umwelt, auf Gefühle, auf das Wetter, auf alles, was mir tagtäglich passiert. Warum bin ich nur so verklemmt? Was könnte ich ändern, damit es mir besser geht? Um ehrlich zu sein, ich weiß es nicht. Diese Frage löst in mir nur Unbehagen aus. Ich weiß es einfach nicht.
Sehe ich in den Spiegel blickt eine Fremde zurück. Ich erkenne mich nicht wieder. Sehe nicht die junge Frau darin, sondern meine Fehler, meine Schwächen, meine Probleme.
Psychose. Borderline. Schizophrenie. Was bin ich dahinter? Welcher Mensch ist das, der damit zu kämpfen hat?
Bin ich hinter dieser Wand aus Diagnosen noch immer ich?

I – Woche 13 – Psychiatrie

Heute habe ich mir mit dem Fachpfleger unserer Station die Tagesklinik kurz angeschaut. In der Visite wurde der Rahmen von ein bis zwei Wochen besprochen, je nachdem wie der Patientenstand ist. Denn es sollen recht viele Patienten da sein. Ich habe einige gesehen, war vor allem überrascht das es deutlich mehr junge Patienten gibt als ältere – auf den Stationen auf denen ich war, war das meistens anders.
Endlich wird auch das abhängig-machende Benzo Tavor abgesetzt. Es wird sicherlich wieder sehr schwer, denn die Entzugserscheinungen setzen schon nach wenigen Wochen ein. Und auch letztes mal, im Dezember, hatte ich deutliche Entzugserscheinungen. Angefangen mit Unruhe und Angst über starkes zittern. Wenn ich daran denke was es noch für andere (illegale) Stoffe gibt, möchte ich nicht an diesen Entzug denken. Das muss die Hölle sein – mir reicht das Tavor schon aus!
In der Visite wurde gesagt das ich medikamentös trotzdem sehr hoch eingestellt bin. Aber es gibt immer noch quälende Restsymptome…die wahrscheinlich nie wieder ganz zurück gehen. Das macht mir schon Sorgen. Denn Sorgen habe ich genug. Angst, ob meine Bewerbung für die Ausbildung angenommen wird. Zweifel ob es das Richtige ist. Ob ich das Studium nicht besser weiter führen sollte. Und ob die Psychose wieder kommt. Das macht mir am meisten Angst. Ich fürchte mich so, dass bald alles wieder von vorne beginnt. Die Ängste, die Stimmen, die mich drängen mich zu verletzen. Zumal das statistisch gesehen die häufigste Verlaufsform ist – wiederkehrende Episoden….aber was wird dann mit der Ausbildung, wenn ich wieder wochenlang in der Psychiatrie hocke? Es ist so unheimlich stressig, sich darüber Gedanken zu machen. Diese Grübelei lässt sich auch nicht abstellen. Es ist einfach quälend. Das sorgt für noch mehr negativen Stress, der Stress wiederum schürt das Feuer der Psychose…