I – Woche 17 – Tagesklinik

Nun ist es soweit. In einer Woche werde ich entlassen. Nachdem ich das Wochenende seit längerer Zeit mal wieder zu Hause, in der Heimat, war, werde ich meine letzten Tage in der Tagesklinik beginnen.
Manche Therapien werde ich definitiv vermissen, auf andere kann ich hingegen durch aus verzichten. Dabei muß ich unter anderem an die Körperübungen der Tanz- und Musiktherapie denken. Das ist einfach nichts für mich. Ich fühle mich bei solchen Dingen einfach unwohl.
Die Gespräche bei dem  Psychologen der Tagesklinik waren auch sehr hilfreich. Besser, als die Psychologen der anderen Stationen. Ich bin ihm dafür sehr dankbar, da mich die wenigen Stunden, die ich bei ihm hatte, sehr viel weiter gebracht haben.
Dafür war die Visite heute recht sinnlos. Ich habe meine derzeitigen Probleme  dargelegt, jedoch bekam ich nur Standard-Antworten und den Hinweis, einfach weiter an den Therapien Teil zu nehmen.
Heute war Entspannung in Form von Progressiver Muskelrelaxation nach Jacobsen. Leider hatte ich im Kopf keine Ruhe und wurde ständig beim Namen gerufen. Manchmal sind die Stimmen recht einfallslos. Genau so war es im Kino. Ich hatte einfach keine Ruhe. Mittlerweile geben sie mir Gedanken als eine Art „Kommentare“ oder Hinweise. So durfte ich mir anhören, dass ich mich nicht so haben soll. Oder auch, dass ich mir doch einfach die Pulsadern aufschneiden soll. Na Danke.
Ich kam heute zu spät in die Tagesklinik, weil ich zum zweiten Mal verschlafen habe. Hoffentlich steht das nicht im Arztbrief wie bei meinem ehemaligen Mitpatienten D. Bei ihm wurde seine „mangelnde Bereitschaft an den Therapien“ daran gemessen, obwohl er einfach Depressionen hatte und es ihm schwer fiel aus dem Bett zu kommen. Manchmal sind die Ärzte schon sehr frech, wenn es um die Arztbriefe geht. Man kann nur hoffen, dass meiner „netter“ wird.

III – Woche 16 – Tagesklinik

Es endet die vorletzte Woche in der Tagesklinik für mich.
Am 2. März habe ich bereits meinen ersten Termin in der PIA. Es ist ein Psychologisches Einzelgespräch, also vorerst kein medizinisches. Und das, obwohl man noch was an den Tabletten ändern wollte. Das ist mir ehrlich gesagt sogar recht wichtig, da ich derzeit mit den vielen Tabletten (vier unterschiedliche Sorten!) ziemlich unzufrieden bin.
Zum ersten Mal bin ich heute mit der Tagesklinik wandern gewesen. Zuvor war das immer nicht möglich, da ich Donnerstags meistens das Einzlespräch beim Psychologen hatte, doch dieser ist heute und morgen im Urlaub. Wir fuhren mit der Bahn nach Pillnitz, wo wir mit der Fähre auf die andere Seite der Elbe übersetzten. Dort fütterten wir erst Schwäne, Gänse, Enten und ziemlich dreiste Möwen, bevor wir uns auf den Weg zum Pillnitzer Schloß mit dazugehörigem Park machten. Wir hatten freie Wahl, wer mit wem wohin geht. Ich habe mich den „Muttis“ (ausschließlich Frauen 50+, die Depressionen haben und mich wie eine Ziehtochter behandeln) angeschlossen. Unsere Gesprächsthemen waren in der Stunde, die wir Zeit hatten, sehr durchwachsen. Von Lieblingsbüchern, Geschichte, Schulzeit und natürlich der Krankheit war alles vertreten. Es tat gut, mit den Anderen zu reden und nicht alleine zu sein. Gemeinsam erkundeten wir den Park, die Schlossanlage und beobachteten im Park Eichhörnchen, die sich ans Werk machten einige Nüsse zu finden und sogleich zu verstecken. Weil ich meinen Schal vergessen hatte, habe ich von der „Mutti“ D. einen Schal geliehen bekommen. „Mutti“ H. schenkte mir die Blüte einer Kamelie, die in einem eigens angefertigten Gewächshaus untergebracht war. Von der Orangerie ging es weiter zu der Büste der Gräfin Cosel (vermuteten wir), hinüber zu Basaltsäulen und dort trafen wir wieder auf unsere anderen Mitpatienten und unsere Ergotherapeutin, die uns begleitete. Mir war furchtbar kalt, aber es war ein wirklich schöner Spaziergang. Danach mussten wir leider schon wieder in die Klinik zurück. Wir nahmen den Bus über das Blaue Wunder, entlang an den Weinhängen der Elbe, durch verschiedene urige Stadtgebiete, die ich zum ersten Mal sah.
Kamelie
In der Klinik angekommen ging es zum Mittagessen. Nachmittags fiel die Musiktherapie aus, weil der Therapeut krank geworden ist. Dafür haben wir mit einer Krankenschwester eine alternative Form von „Mensch, ärgere dich nicht“ gespielt. Das war ein schöner Ausklang des Tages.
Der Freitag begann nicht so gut. Zuerst habe ich um Stunden verschlafen und bin trotzdem noch mal in der Straßenbahn eingeschlafen. Müde ging ich in die Klinik. Dabei habe ich allerdings ganz gut geschlafen, sicher 6 Stunden. Aber ich fühle mich dennoch wie gerädert. Als ich in der Klinik ankam, entschuldigte ich mich bei der Krankenschwester. Es war nicht schlimm, das ich verschlafen hatte. Nur habe ich die Morgenrunde und das Spiel in der Gruppe verpasst.
Der restliche Tag wird recht anstrengend. Erst Fitness/Sport, dann Progressive Muskelentspannung, tanzen und Abschlußrunde der Woche.

II – Woche 16 – Tagesklinik

Nachdem ich gestern Abend wieder einen Nervenzusammenbruch hatte, hatte ich heute gleich zwei Einzelgespräche bei meinem Psychologen. Gestern Nacht hatte André sogar bei der Station 82 (der geschlossenen) angerufen um zu fragen was wir machen sollen, wenn es mir so schlecht geht. Die Antwort war: „Solange Sie sich nicht lebensgefährlich verletzen, sehe ich keinen Grund für eine Aufnahme.“ Das war ein ganz schöner Schock.
Dafür haben wir im Einzelgespräch geklärt, dass ich bei der nächsten Krise für maximal vier Tage aufgenommen werde, um eine erneute Hospitalisierung vorzubeugen. Außerdem wird meine Verlegung auf die PIA bald erfolgen, wenn ein Platz frei wird. Meinen ersten Termin inder PIA habe ich heute schon ausgemacht. Er wird am 2. März stattfinden, bei einer mir noch unbekannten Psychologin. Ich bin über diese Einigung mit meinem Psychologen sehr froh. Er hat mir zu erst alle Möglichkieiten, die es gibt, vorgeführt und dann haben wir gemeinsam das Für und Wider abgewägt. Und ich finde auch, dass es so am besten ist. Das bedeutet nun, dass ich nur noch bis Ende Februar in der Tagesklinik sein werde. Aber das ist sicherlich erstmal die beste Lösung, da ich merke wie mir die TK psychisch extrem zu schaffen macht. Mein Psychologe meinte auch, dass die TK die anstrengendste Form der Therapie sei. Die PIA hingegen ist viel lockerer organisiert, da man nicht einen kompletten „Arbeitstag“ an Therapien mitmachen muss, sondern nur einzelne Angebote besuchen kann.
Zur Beruhigung für Krisensituationen habe ich heute zum Glück Bedarfsmedikation mitbekommen. Das Medikament heißt Promethazin, damit habe ich bereits vor meiner Einweisung gute Erfahrungen gemacht. Es sediert vorrangig, macht also müde, wirkt aber auch gegen psychotische Symptome, da es ein Neuroleptika ist (Neuroleptika sind Medikamente gegen psychotisches Erleben). Vorerst habe ich geringe Dosen mitbekommen, sicher weil ich ja unter anderem wegen Suizidalität behandelt wurde und werde.
Eigentlich freue ich mich jetzt schon richtig auf die PIA, da mir der Kontakt zu den anderen TK-Patienten zu viel ist. Ich mag wirklich alle sehr gerne, aber dieser enge Kontakt sorgt dafür, dass ich deren Probleme wie ein Schwamm aufsauge und es mir dadurch noch schlechter geht. Außerdem ist mir die Struktur noch zu straff, und da es keinen Rückzugsort gibt läuft mein Kopf auf Dauerfeuer.
Ich bin dem Psychologen, den ich jetzt in der TK habe, sehr dankbar. Ich mochte zwar auch die beiden Psychologinnen von der Station 82 und 84, aber er scheint bisher die meisten Erfahrungen gesammelt zu haben. Außerdem hat er wirklich gute Sichtweisen und Hinweise bzw. Tipps für Probleme. Und ich muss keine Verhaltensanalysen mehr machen 😉

II – Woche 12 – Psychiatrie

Diese Woche begann für die Station sehr schlecht. Alle drei Ärzte der Station sind krank, eine Vertretung ist für die anderen offenen Stationen ebenso im Dienst sodass es für die Dienstärzte jetzt Stress pur gibt. Morgen wird die Visite ausgesetzt, sie soll am Freitag stattfinden. Dafür haben wir morgen die Wanderung, die sonst immer freitags ist.
Im Handwerk bin ich mit einem größeren Korb fertig geworden. Nun widme ich mich erstmalig dem weben. Vor allem der Anfang des Webens ist sehr kompliziert…ich hoffe das mir der Webrahmen diese Fehler verzeiht und ich dennoch ein schönes Stück heraus bekomme.
Die Neuroleptika dämpfen meine Gefühle und Emotionen sehr stark, finde ich. Es gibt kein Hoch und kein Tief, nur eine unangenehme „Mitte“, in der mir alles egal ist. Auf die Frage wie es mir geht antworte ich meist mit „Geht so.“ Denn es ist schwer zu beschreiben wie sich dieser Zustand anfühlt.
Morgen habe ich meinen zweiten Termin bei der Psychologin. Sie achtet sehr auf mich und macht lieber zwei kurze Gespräche als ein langes. Denn ich bin immer noch schnell ermüdet und kaputt.
Heute war ich mit meinem Mitpatienten Jens (Achtung, nicht der Freund Jens) zum heilsamen singen im sogenannten Raum der Stille. In ihm finden normalerweise Gottesdienste statt, aber eben auch diese Singgruppe. Kanons, Mantras und aufmunternde Lieder wie „Ich danke dem Leben“ wurden gesungen, nicht mit dem Hintergrund choral perfekt zu sein sondern Emotionen zu spüren, Kraft zu schöpfen und Energien zu bündeln. Mir waren manche Körperübungen etwas unangenehm, aber ich werde sicherlich wieder einmal daran teilnehmen. Denn singen in der Gemeinschaft tut einfach gut.