Wendung

Es war ja fast zu befürchten, dass es so nicht weitergehen kann. Spätestens ab dem Punkt, an dem die Medikamente ins schier Unendliche steigen und sich dennoch alles eher verschlechtert als verbessert, müsste man wissen, das das herkömmliche Warten nicht ausreicht. Ich hatte heute wieder einen Termin in der PIA. Bei der Psychologin war ich nur kurz, da ich mich nicht konzentrieren konnte. Somit war ein Arbeiten mit ihr sinnlos, wenn ich nach jedem zweiten Satz frage: Wie bitte? Wie war das? Ich habe das nicht verstanden? Sie meinte auch, dass ich mich nicht quälen und zwanghaft Arbeiten muss. Das bringt mich nämlich nicht weiter. So habe ich anschließend noch einen Arzttermin bekommen. Dieser war genauso aufschlussreich, zeigte mir jedoch auf, dass es wirklich nicht so weiter gehen kann. Die eigentliche Ärztin der PIA ist derzeit im Urlaub, sodass es eine Vertretung gab. Den Oberarzt, der sie vertrat, kannte ich aus der Visite der Tagesklinik, hatte ihn also zwei-, dreimal gesehen. Er kannte mich also ein wenig, wenn auch nicht besonders gut. Wir vereinbarten, dass ich nächste Woche Mittwoch wieder stationär gehe. Dann wird wohl auch die Medikamention nochmals umgestellt, denn so, wie sie derzeit ist, ist sie einfach nicht optimal. Es sind ja immer noch Restsymptome da, wie zum Beispiel die Ich-Störungen und die Gedankeneingebung. Dies zeigt sich meistens, wenn ich draußen unterwegs bin. Dann habe ich das Gefühl, als springt mein Kopf in tausend kleine Teile, weil viel zu viele Gedanken der anderen Menschen um mich herum auf mich einprasseln. Es ist so anstrengend, alles, was die Anderen denken, auch denken zu müssen. Und die Blicke. Ich hasse die Blicke, die auf mir haften, die mich kritisieren, ablehnen.
Ich bin natürlich auch nicht wirklich glücklich über diese Lösung. Aber welche Alternative bleibt mir? Ich könnte ja die Therapien der PIA, wie die Physio oder die Ergo nutzen, aber ich schaffe es einfach nicht. Und die wöchentlichen Termine reichen mir bei aller Liebe auch nicht aus. Vor allem, wenn es so anstrengend ist, überhaupt dem Gespräch zu folgen. Es ist ja auch nicht die Aufgabe der Psychologin, dass sie meine psychotischen Symptome abfängt. Das ist eigentlich der Job der Neuroleptika, sprich der Medikamente. Aber wenn diese nicht wirken, ist ein psychotherapeutisches Arbeiten sinnlos. Das ist für mich anfangs schwer zu verstehen gewesen – das die Psychologen mir in diesem Sinne „nicht helfen können“. Aber mittlerweile sehe ich ein, dass ich erstmal von den psychotischen Symptomen soweit abgeschirmt sein muss, dass psychotherapeutische Verfahren wie Genusstraining und ähnliches greifen können.
Zumindest habe ich soweit die depressiven Symptome im Griff. Wobei die ja immer das kleinere Übel waren. Dennoch schleichen sich Versagensgefühle, Pessimismus und Suizidgedanken immer und immer wieder ein. Vor allem, wenn die psychotischen Gedanken sehr stark sind. Denn von „Alle hassen mich“ und „Wenn ich nicht mehr wäre, hätte ich diese Probleme nicht mehr“ ist es nur ein Katzensprung.
Ich kann nur hoffen, dass diese Entscheidung die richtige war. Aber sei’s drum. Lieber jetzt nochmal stationär in Therapie, als während der Ausbildung. Jetzt habe ich schließlich nichts zu verlieren.