Barfuß

Hab ich schon mal erwähnt was ich an der Psychiatrie mag? Es sind die verschiedenen Menschen die man kennenlernt. Heute erst wieder…
Ich habe in der Pia auf meinen Termin gewartet. In den Warteraum kommt eine Frau in Trachtenkleidung. Sie setzt sich neben mich und fängt an zu erzählen. Wir unterhalten uns. Auf einmal kramt sie in ihrem Körbchen und holt einen Strauß Blumen hervor. „Für Sie! Sie schauen so traurig aus.“ Und reicht sie mir. Im gehen sagt sie: „Kennen Sie den besten Tipp gegen Traurigkeit? Barfuß über Tau laufen. Jeden Morgen am besten.“ Damit wandte sie sich ab und ging.


In der Therapie habe ich Locke von dem Mobbing erzählt. Es kam alles wieder hoch. Ich schluchzte und weinte und zitterte am ganzen Leib. Ansonsten redeten wir über stressige Situationen, die mich im Beruf erwarten.

Frontalangriff

Ich bekomme keine Ausbildung, keine Arbeit, kein „nichts“, wenn ich nicht in den Frontalangriff gehe.
Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse – und los.
Nur so habe ich die Chance, mein Berufsleben zu verändern, mich neu zu orientieren und endlich eine feste Anstellung zu bekommen. Nur so werde ich ein Teil des großes Rades, das sich mit der Welt dreht. Nur so.
Das habe ich am Mittwoch bei meinem Termin auch mit Locke besprochen. Vor allem, was die nahe Zukunft angeht. Was meine Zweifel sind (das wichtigste: die Ängste) und was ich eigentlich machen möchte, aber aus Angst nicht wage.
Sie hat mir viel Mut gemacht. Meiner Intuition folgen – Frontalangriff – bewerben, weiter schauen. Nicht aufgeben.
So habe ich mich für den Bundesfreilwilligendienst beworben – und zwar da, wo ich wollte und nicht das, was andere zu mir sagten. Im Krankenhaus. Morgen habe ich direkt ein Vorstellungsgespräch im Krankenhaus Neustadt in Dresden.
Nach dem Jahr sieht der Plan wie folgt aus: Ausbildung. Wenn es mir im Krankenhaus gefällt als Krankenschwester. Danach kann ich immer noch studieren, aber erst einmal eine sichere Ausbildung haben. Die kann mir keiner nehmen.
Nach vorne schauen. Ausatmen. Weiter machen.

„Es geht so“

Ja, was soll ich sagen? Es geht so. Es könnte besser sein. Es könnte noch schlimmer sein. Es geht eben so. Ich kann meine Situation nicht ändern doch, ich könnte, aber ich schaff’s nicht, ich bin eben so, wie ich bin.
Ich bin ängstlich, schnell nervös, ich habe eben meine Probleme.
Die Tage vergehen. Der Tierarzt hat mich abgelehnt. Nun Bewerbung für ein BUFDI oder FSJ Jahr. Was soll man dazu sagen? Scheiße, das ich nicht angenommen wurde. Scheiße, das ich nichts passendes für mich finde. Scheiße, scheiße, scheiße.
Abe so ist es eben.
Heute Abend Selbsthilfegruppe zu genau diesem Thema. Beruf und Krankheit. Wird interessant, weil das eben genau mein Thema ist.

7 Pillen am Tag

Heute etwas aus einer anderen Ecke der Humanmedizin. Während ich in der Krisenintervention war, hat man festgestellt, das ich eine Hyperthyreose, auf deutsch Schilddrüsenüberfunktion habe. Also bin ich heute zum Arzt, um mit ihm darüber zu reden. Im hiesigen Einkaufscenter war ich bei einer recht jungen Ärztin, die sehr nett war. Sie hat mir zwei Medikamente, eins zum Hemmen der Hormone und eines gegen den Tremor in den Händen und gegen die Nervosität aufgeschrieben. Summa summarum sieben Pillen vier unterschiedlicher Medikamente am Tag. Irgendwie finde ich das faszinierend. Wie viele Pillen soll ich noch schlucken damit „irgendwas“ besser wird? Mal sehen, ob die Schiddrüsen-Medis anschlagen, meist wird die Therapie nach einem Jahr gestoppt. Falls es nicht besser wird, kann eine OP von Nöten sein.

Gedankenspirale

Ich bin zum allerersten Mal in meinem Leben ohne Beschäftigung und habe keine klare Idee von der Zukunft. Und das mit 19 Jahren. Ich habe noch keine Antwort von der Tierarztpraxis. Innerlich habe ich mich auf eine Absage eingestellt. Zuerst war ich recht optimistisch, aber mittlerweile zweifle ich sehr an mir. Ich habe mir schon ein paar Stellen für den Bundesfreiwilligendienst ausgesucht, sollte die Ausbildung nicht klappen. Aber die Frage ist – was mache ich danach? Ich habe so viele Interessen, ich mache sehr vieles gern. Aber alles hat so seine Schattenseiten: Tierarzthelfer – Berufsschule in Leipzig, lange Anfahrt, Grafikdesign – schlechte Chancen, soziale Berufe – Triggergefahr, nicht stabil genug… (und mal unter uns, wer will eine psychotische Krankenschwester/Heilerziehungspflegerin etc.?)
Wenn mir nur einmal etwas leicht fallen würde.
Derzeit ist es wieder schlimmer…die Ängste, die Geräusche, die Gedanken. Alles wild durcheinander und irrational. Ich muss aufpassen. Nicht, das es wieder von vorn los geht.

Angst

Federschwer liegt sie auf mir. Diese Angst. Dieses beklemmende Gefühl. Nichts ergibt Sinn. Alles durcheinander. Kopf rauscht. Irgendwann wird aus dem Rauschen ein Schmerz.
Ich halte das kaum aus. Mir ist alles zu viel. Wann hört das nur auf?
Ablenkung. Warten.
Worauf?
Darauf, das es irgendwann…besser wird…

Naturgeister unter sich

Am Freitag um 21 Uhr begann die Reise. Ich hatte nur meine braune Schultertasche dabei und eine Menge Vorfreude. 22:30 Uhr fuhr der Bus in Richtung Düsseldorf los. André begleitete mich dahin, nach einer kurzen Verabschiedung stieg ich mit  wackeligen Knien ein. Noch nie war ich so wirklich ganz alleine unterwegs. Das ich deswegen nervös war, muss ich nicht erwähnen.
Gegen 7 Uhr kam ich in Düsseldorf an, getroffen haben wir uns dann um 12 Uhr. Sieben Mädchen, die eine Leidenschaft für die Natur und Mode verbindet. Gemeinsam gingen wir dann ins Café TenTen, wo wir uns kennen lernten. Danach shoppten wir erst auf der Japanmeile und dann in der Innenstadt. Abends kamen wir in den Regen, als wir Miso Ramen (eine  japanische Nudelsuppe) aßen. Zu nun mehr viert suchten wir dann unser Hotel auf. Ich schlief in einem Viermannzimmer mit zwei älteren Herren.
Am Sonntag trafen wir uns nach dem auschecken wieder am Hbf und gingen frühstücken ins Sugarbird Cupcale Café. Sehr schöne Location.
Die anderen Mädels fuhren danach in den Wildpark und ich zum Fernbus.
Dort sitze ich nun. Die Aufregung hält sich zum Glück im Rahmen. Ich hätte nie gedacht, das zu schaffen. Irgendwo bin ich stolz auf mich, den Mut gefunden zu haben. Auch „gesunden“ Menschen macht eine Reise allein Angst.
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unsere Mori kei Truppe vom Sonntag

Warten und reisen

Warten. Ich sitze an meinem Schreibtisch, vor mir mein Laptop. Ich streiche über die Tasten, während sich der E-Mail-Client öffnet. Schaue in mein Postfach. Keine Mail. Dann sehe ich auf mein Handy. Kein Anruf. Wann meldet sich wohl der Tierarzt? Wann weiß ich, wie meine Zukunft aussehen wird?
Gestern schrieb ich die Kündigung. Für die Ausbildung als Informatiker. Versagen, schießt es mir durch den Kopf. Aufgeben, schreit eine Stimme in mir.


Zur Ablenkung begebe ich mich dieses Wochenende auf die Reise nach Düsseldorf. Dort ein Forentreffen der Mori kei * -Anhänger Deutschlands.(* Mori kei: japanischer Stil)
Aufregung in jeder Faser meines Körpers. Ich war noch nie alleine auf einer Reise, im Hotel, in einer fremden Stadt.


Am Montag ein Termin bei Locke. Was soll ich nur sagen? Alles ist durcheinander in meinen Gedanken. Alles so laut. Alles so befremdlich und seltsam. Ich wünschte, es würde das eine Mittel geben, mit dem ich diese Symptome los wäre. Irgendeine Pille. Olanzapin? Hilft nicht. Nur noch Angst, wilde Gedanken, Sorgen, Grübelei, Geräusche und Stimmen.
Wann hat das alles nur ein Ende? Wann ist es vorüber? Wann geht es mir nach so langer Zeit mal wieder gut?
Langsam gehen mir wirklich die Ideen aus. Ich hänge in der Luft (nicht nur berufsmäßig). Ich bin nah ans Krankenhaus gebunden und doch will ich nicht dorthin. Aber andersweitig habe ich keine Hilfe, außer das Gespräch einmal in der Woche bei Locke.
Ich jammere nicht gerne. Aber derzeit habe ich wirklich keine Hoffnung mehr. Klar, es ist aushaltbar derzeit. Ich könnte so weiter leben, arbeiten, zufrieden sein. Aber ich will nicht, das es so bleibt. Ich will wieder schlafen können und keine Alpträume haben. Ich will lachen und Spaß machen können. Ich will einfach nur wieder ich sein.

Neues von der Berufsfront

Sonntags kam meine Mutter und mir eine Idee. Eine Idee, die nicht neu oder einzigartig ist. Eine Idee, die vielleicht alles verändert.
Die Ausbildung zum Informatiker ist offiziell abgesagt. Es fühlt sich wie versagen an. Wie aufgeben. Aber was soll’s. Ist nicht das erste mal, das ich versage, aufgebe.  Klinikaufenthalte,  Schulwechsel,…
Sonntags dann die Idee. Bewerben. Für eine Ausbildung.
Geschrieben – abgeschickt. Montag Abend dann ein Anruf. Heute Vorstellungsgespräch und Probearbeiten.
Was soll ich sagen? Es lief super. Die Arbeit hat so Spaß gemacht und es fühlte sich alles so richtig an. Ich durfte gleich mit ran und half wo ich konnte.
Hoffen wir, das ich angenommen werde.