Endlich Offenheit

Heute ein kurzes Fazit zur Therapiestunde des Tages. Ich bin wieder mit einem unguten Gefühl in die PIA gekommen. Die Aufregung vor einem Termin ist mir so bekannt wie das tägliche Zähneputzen. Nachdem wir kurz die Diary Cards verglichen haben – es gab etwas zu feiern! die erste DC, die keinerlei Selbstschädigung aufzeigte – meinte Locke zu mir, dass ich frei reden soll. Schließlich gab es keine Verhaltensanalyse zu bearbeiten oder aufzustellen und die Themen von letzter Woche waren auch gegessen.
Demnach begann ich, darüber zu reden. Über den fehlenden Antrieb. Die Angst. Die Depression. Die Gedanken.
Wir erarbeiteten ein Modell, was man gegen diese Tiefphasen machen kann. Dann sammelten wir Ideen, welche positiven Aufgaben ich in meinen Tagesablauf einbauen kann um ihn besser zu strukturieren.
Ich habe es also geschafft mich endlich etwas zu öffnen. Und im Nachhinein denke ich: War es wirklich so schwer?

Wenn ich die Sorgen vergesse

Die Tage zu Hause waren geprägt von Hitzezustandsvermeidung und Lachen. Endlich mal wieder. Gemeinsam ist man schließlich weniger allein. Es tat gut, mit meinen Geschwistern (zumindest 2/3) zusammen zu sein. Bei Yogi, meiner Katze zu sein. Geborgen zu sein. Frei zu sein.
Holunderblüten sammeln in Begleitung des dreifarbigen Mäusetöters. Den 92. Geburtstag meiner Oma zu feiern. Meine Eltern wieder zu sehen. In meinem alten Kinderzimmer zu liegen und einfach zu lesen.

Hitze

Wenn einen nicht die Menschen so anstarren würden – wenn man sich nicht so schämen würde – wenn es nur nicht so heiß wäre – wenn man nicht immer darauf angesprochen würde – wenn die Narben nicht so sonnenempfindlich wären – wenn andere Menschen nicht darüber lästern und lachen würden. 
Noch einmal ein Sommer ohne Narben.

Und nun?

You will never see
What’s inside of me

Eigentlich könnte ich meinen Beitrag wie den vom Montag beginnen. Alles geht den Bach runter. Die Erfolge die ich in der Klinik gemacht habe sind wie Kreidespuren auf der Straße nach einem Regenguss verschwunden. Die Farbe, die den Asphalt zierte ist dem Grau gewichen. Derzeit ist Dauerregen. Als ob ich das bemerken würde, ich liege ja nur noch im Bett.

Was there ever any question
On how much I could take?
You kept feeding me your bullshit
Hoping I would break
Is there anybody out there?
Is there anyone who cares?
Is there anybody listening?
Will they hear my final prayers?

Mit voller Wucht ist sie zurück. Diese Krankheit, die man Depression nennt. Langsam gehen mir die Ideen aus, wie ich dagegen antreten könnte. Meiner Meinung nach habe ich bereits alles Menschenmögliche versucht. Ich war in der Klinik. Ich hab Tabletten genommen (und davon nicht zu wenig). Ich gehe regelmäßig zur Psychotherapie. Ich habe kein Ass mehr im Ärmel, wie ich dagegen vorgehen könnte. Was ich noch machen könnte.
Abwarten. Durchatmen.
Am Montag ist der nächste Termin. Ich kann nur hoffen, dass ich es diesmal schaffe, darüber zu reden.

Ich bin verrückt, und du?

Es gibt so Tage, an denen nichts geht. Aufstehen ist scheiße, liegen bleiben ist scheiße, zur Therapie gehen ist scheiße…
Heute war so ein Tag. Ich habe mir einen Wecker gestellt und trotzdem verschlafen. Ich habe meinen Termin fast vermasselt. Ich habe keine Kraft gefunden um mich um mich selbst zu kümmern. Ich bin froh das ich dennoch zur PIA gegangen bin. Der Termin war zwar auch nicht gut, aber zumindest hab ich es aus dem Haus geschafft. Ich habe keine Lust mehr auf das rumtherapieren. Ich musste heute mehrere Seiten aus dem DBT Buch vorlesen. Das kann ich auch alleine zu Hause machen. Und obwohl ich nichts gemacht habe (schneiden etc.) mußte ich eine Verhaltensanalyse machen.
Und natürlich habe ich es wieder nicht geschafft über meine aktuellen  Probleme zu reden…
Ein was Gutes hatte der Tag zumindest. Ich war zum ersten Mal bei einer Selbsthilfegruppe für junge psychisch Kranke. Eigentlich wollten wir Bogen schießen gehen aber das Wetter hat uns einen Strich durch die Rechnung gemacht. Deswegen sind wir dann was trinken gegangen und haben uns unterhalten. Mit C. und A. hab ich mich echt gut verstanden. Insgesamt waren wir fünf.  Normalerweise wäre die Gruppe moderiert, dh. mit einer Angestellten der AWO betreut. Aber die ist in den Regen gekommen und wollte dann nach hause. Am 22.06. ist unser nächstes Treffen. Ich werde definitiv wieder hingehen. Es tat echt gut mal auf Augenhöhe mit jemandem zu reden. Und wie immer war ich das Küken…

Alles egal

Mir ist alles egal. Ob die Sonne scheint, oder es regnet. Ob es stürmt, schneit, gewittert. Ich akzeptiere, dass es so ist. Das ich verbittert bin, ein Misanthrop, das ich mich ungerecht behandelt fühle. Es ist ja auch egal.
Meine Psychiaterin war nicht da, dafür der Oberarzt den ich in der Tagesklinik hatte und der mich im März eingeliefert hatte. Er ist ein sehr großer Mann mit langen, krausen Haaren und einem schlaksigen Gang. Ich fühle mich in seiner Nähe sehr unwohl. Jedenfalls sagte ich gleich: ich will keine Medikamente mehr nehmen. Und ich nehme sie seit meiner Entlassung nicht mehr. Er zuckte mit den Schultern und meinte, dass sei meine Sache. Ich soll jedoch auf mich achten und aufpassen, ob es sich wieder verschlechtert. Ich sagte, mir geht es momentan wieder schlecht. Aber das soll ich mit Locke besprechen, damit hat der Arzt nichts zu tun. „Weitere, ärztliche Fragen?“ Nein. Danke. Tschüß.
Irgendwie war der Termin bei Locke auch nicht so der Bringer. Ich habe Sachen angedeutet die mich beschäftigen, aber sie ist gar nicht darauf eingegangen. Immer nur wieder Skills, Emotionsregulation, Verhaltensanalyse, Diary Card.
Ich glaube nicht, dass das momentan mein Hauptproblem ist.
Aber who cares.
Ist doch eh egal. Ich bin egal.

Ungewisse Angst

In wenigen Minuten trete ich meinen Weg zur PIA an. Ich weiß nicht, was mich heute, an dem Tag an dem ich gleich zwei Termine habe, erwartet. Jede Faser meines Körpers ist zum zerreißen gespannt. Ich hab Angst. Wovor? Ich weiß es nicht. Einerseits natürlich vor dem Termin und was dabei heraus kommt, andererseits habe ich in letzter Zeit so eine Grundangst, von der ich nicht weiß warum sie da ist, wann sie gekommen und ist und wann sie geht, wie ich mit ihr umgehen soll.
Es bleibt abzuwarten.
Das Denken fällt mir so schwer und das Schreiben auch. Ich fange jeden Satz gefühlte hundertmal an um ihn dann doch wieder zu löschen. Das Sprechen ist am Schlimmsten, da habe ich die meisten Fehler. Ich stammle und finde die Worte nicht. Oder rede kurz gesagt Unsinn.
Ich habe Angst der Psychiaterin zu sagen, dass ich keine Medikamente mehr nehme. Oder der Psychologin, was mich so sehr unter Stress setzt und was ich befürchte. Ich weiß, das ich sagte, das sie verständnisvoll ist. Sie wird es verstehen. Ich kann trotzdem nicht darüber reden.

Antragskampf

Wie immer gnadenlos zu zeitig wartete ich in der kleinen, kalten Halle, die zum Ambulanten Pflegezentrum meines Stadtteils gehörte. Nach einiger Zeit kam eine kleine, blonde Frau, hielt kurz inne, drehte sich zu mir um und fragte: „Sind Sie Frau Kunze?“ Ich bejahte und sie stellte sich als Frau B. vor, mit der ich vor einigen Tagen einen Termin bezüglich des Ambulant Betreuten Wohnens ausgemacht hatte.
Wir gingen in den kleinen Beratungsraum. Sie kramte Anträge hervor, auf denen „Erstantrag für ABW“ stand. Zu erst die ganz normalen Fragen – Name, Geburtsdatum, Familienstand. Schließlich die Diagnosen, aus denen eine Behinderung und somit ein Anspruch für ABW hervor geht. Frage nach dem GdB (Grad der Behinderung). Diesen Antrag stelle ich ja vermutlich auch bald, um Unterstützung für die Ausbildung zu erhalten.
Schließlich ging es ans eingemachte: die verschiedenen Lebensbereiche, in denen ich Unterstützung wünsche, welche Probleme auftreten und was für Methoden mir konkret helfen können.
Es stellte sich heraus, dass ich vor allem Hilfe um Umgang mit der Krankheit, den Symptomen, in Krisen erhalten soll. Außerdem Hilfe wenn es um Arzttermine und Suche nach Ärzten geht. Ein weiterer wichtiger Punkt war die Motivation für eine Tagesstrukurgestaltung und zur Pflege sozialer Kontakte. Auch einkaufen, Essen kochen etc. wurde mit aufgenommen.
Frau B. war sehr nett und es war ihrerseits ein lockeres Gespräch. Leider meinte sie, dass es bis zu 3 Monate dauern kann, bis das ABW sozusagen „startet“. In zwei Wochen ist ein erneutes Gespräch, wo die finanzielle Situation abgeklärt wird.
Es kann sein das mein Kostenträger aufgrund meines Alters das Jugendamt wird und nicht der KSV, der die Kosten sonst übernimmt. Aber das ist eigentlich für mich und für die Unterstützung durch das Ambulante Pflegezentrum egal.
Einige Papiere und Unterlagen muss ich noch besorgen, dann wird der Antrag gestellt. Danach muss ich zur Amtsärztin des Sozialpsychiatrischen Dienstes. Ein ganz schöner Akt. Aber ich denke, es ist eine gute Entscheidung.

Was heißt Kashtin?

Kashtin ist aus dem indianischen Sprachgebrauch und bedeutet so viel wie „Wirbelwind in Sicht“.
Wer mich etwas besser kennt, weiß von meinem ungewöhnlichen Hobby: den Rollenspielen.
Auch das sogenannte Kashtin-Rudel ist ein Rollenspiel, das über ein Forum im Internet ausgetragen wird. Man schreibt aus der Sicht eines Wolfes, als Autor einer unendlichen Geschichte. Es ist nicht wie ein Buch, das man liest, sondern man ist Teil der Geschichte.
Dieses Pfingstwochenende war das zweite Treffen von uns Autoren, bei dem ich Teil genommen habe. Zu Besuch in Dresden hatten wir eine schöne gemeinsame Zeit. Wir waren fünf Mädels, die sich sehr gut verstanden haben.
Am Samstag haben wir alle Armbänder selbst gemacht, mit dem Initialen unseres Rudels: KR. Danach waren wir an der Elbe grillen. Sonntags stand dann Kultur auf dem Plan. Mit einer Schnitzeljagd zeigten wir unseren Gästen die Stadt und ihre Wahrzeichen.
Heute ließen wir das Treffen ruhig in einem Restaurant ausklingen.
Wer sich über uns informieren möchte, kann sich auf wolfskreis.de umschauen.

Abschied

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Meine Ratte Hermine wurde heute wegen einem Gehirntumor eingeschläfert.
Mach’s gut, meine Süße. Wir sehen uns wieder, am Ende der Regenbogenbrücke.