Die Horrornacht

„André?“
– „Ja?“
„Mein Kopf rauscht.“
– „Wie kann man sich das vorstellen?“
„Als hätte man Kopfhörer auf die man nicht abnehmen kann.“

Endlich zu Ende ist eine wahre Horrornacht. Ich kann kaum rekonstruieren was ich alles geträumt habe, was ich alles gehört habe (von Geräuschen über Rauschen über Hochfrequenzen über laute Gedanken).
Einschlafen war nicht möglich, ich musste weinen, war am Ende, konnte kaum mehr atmen. Habe den armen André die ganze Zeit wachgehalten. Medikamente wirkten nicht. Mir wurde schlecht durch die Einnahme.
Als läge aller Weltschmerz auf meinen Schultern. Als gäbe es keine Zukunft mehr. Alle Hoffnung, Freude, positive Gedanken waren verschwunden.
Wenn ich versuchte, zu schlafen, schreckte ich durch die plötzlichen Geräusche und Stimmen auf. Mir läuft es bei der Vorstellung kalt den Rücken herunter.

Und alles, was mir dann noch bleibt, ist diese grenzenlos Einsamkeit und meine Sehnsucht, die nach dir schreit…Und alles was mir dann noch bleibt, ist immer wieder diese endlose Einsamkeit…

Staubkind — Gnadenlos
Vormittags war ich durch den Tablettencocktail außer Gefecht gesetzt und habe geschlafen. Irgendwann erwachte ich und ich fühlte mich, als hätte ich ewig geschlafen.

200.000 Aufrufe!

Heute hat mein kleiner Blog 200.000 Aufrufe in einem dreiviertel Jahr erreicht!
Das freut mich wirklich sehr. Durch weltkehrt habe ich Freunde gefunden, meine Beziehung zu Verwandten und Bekannten verstärkt, gelernt mich zu reflektieren und meine Gedanken zu ordnen. Dieser Blog würde durch eure Mitarbeit so, in dieser Form, nicht bestehen. Deswegen möchte ich mich bei jedem einzelnen Leser, Kommentierer oder Mailschreiber bedanken.
Mein besonderes Dank geht an schizoiert. Danke, das wir ein solch tolles Verhältnis aufbauen konnten und uns gegenseitig unterstützen.
Da ich nicht nur einen kleinen Dank in die Runde werfen möchte, biete ich euch folgendes an:
über das Kontaktformular oder per Mail an weltkehrt@gmail.com könnt ihr mir ein Bild von euch zu senden und ich werde euch zeichnen und euch die Skizze per Post schicken. Dazu schickt ihr mir im Anhang ein Bild von euch und eure Adresse. Natürlich wird diese zu keinem anderen Zweck verwendet und auch nirgends veröffentlicht.
Ich hoffe ihr nutzt diese Chance rege. Ich würde mich freuen.

André und ich

Ich bin ganz aufgeregt, während ich diesen Beitrag tippe. Erst vor kurzem haben es unsere Familien erfahren und nun sollt auch ihr, mein treuen Leser und Leserinnen, teilhaben an einem wichtigen Bestandteil meines Lebens.
André und ich haben uns verlobt. Nun trage ich einen wunderschönen, silbernen Ring am Finger. Mit dem weiteren Verlauf wollen wir uns aber noch genügend Zeit lassen.

Ambivalenz und Stimmen

Ich bin zwar ein Frühjahrskind, aber ich liebe über alles den Herbst. Mit den Füßen in frischen, nassen Laub zu rascheln, sich mit einer Tasse Tee aufs Sofa flauschen, Kastanien und Nüsse sammeln, im wunderbar bunten Park spazieren zu gehen, den Duft von Regen. Ich kann diese ganzen Emotionen, die mich einholen, kaum beschreiben. Aber eines kann ich sagen: sie fühlen sich so lebendig, so kräftig und dynamisch an, das mein Herz einen Sprung macht und ich um einiges besser gelaunt bin.
Allerdings kommt mit dem Herbst auch die kurze Lichtdauer, das schnellere untergehen der Sonne und damit auch…die Depression. Der Herbst- oder Winterblues erfasst mich beinahe jedes Jahr, und das seit sechs Jahren immer wieder. Ich bin grundlegend ein eher ernster Mensch. Aber meine Neigung zur Melancholie und zum Weltschmerz steigt doch im Herbst immer wieder an und macht mir daher das Leben schwer. Zu einem gewissen Anteil mag das normal sein. Aber ich denke, ich rutsche wirklich jährlich in eine depressive Verstimmung, mag diese auch nicht die Schwere meiner rezidivierenden Depressionen umfassen.
Um mich selbst ein bisschen zu kurieren, versuche ich möglichst viel Licht aufzunehmen (tagsüber spazieren gehen) aber auch abends (Kerzen anzünden). Außerdem will ich eine warmweiße Lichterkette in mein Zimmer hängen. Das ist nicht nur gemütlich, sondern gibt einem das verlorengegangen Sonnengefühl des Sommers.
Lang habe ich euch nichts von den Stimmen erzählt. Ein paar Monate (ab Juni schätzungsweise) war das Ganze auch kein Problem mehr für mich. Ich konnte recht gut schlafen, was die Stimmen ziemlich schnell verfliegen lässt und meine Stimmung war über den Sommer recht positiv. Aber seit einigen Wochen meldet sich die Stimme zurück. Im Mai hab ich geschrieben, das eine neue Stimme dazu gekommen ist. Eine männliche Stimme, die mir unbekannt ist. Nennen wir ihn der Einfachheit halber Demian. Demian also hat die unschöne Eigenschaft, mich a) aus dem Schlaf zu wecken, b) mehrmals lautstark meinen Namen zu rufen und c) sehr wütend zu klingen. Fast so, als wenn man als Kind etwas falsch gemacht hat und der böse Lehrer, von dem man irgendwie Angst hat, einen ruft um belehrt zu werden.
Letzte Woche, nach monatelanger Abstinenz, hat Demian mich gerufen. Ich war gerade bei André und er machte einen Mittagsschlaf, da rief er mich. Ich bin sofort zu André um nachzusehen, ob mit ihm etwas ist, aber er schlief. Also war es er…und es schien nicht aufhören zu wollen.
Weil ich meinen Stimmen Namen geben will, um es euch einfacher zu machen, nennen wir die weibliche Stimme, die kommentiert oder beleidigt, Eva. Eine Anspielung auf die Eva aus der Bibel darf und kann gezogen werden. Demians Name kommt aus dem gleichnamigen Roman Hermann Hesses, meinem Lieblingsautor.
Irgendwie macht es mir die Sache einfacher, diese Stimmen als „Personen“ mit einem Namen anzusehen, als einfach zu sagen, das es Halluzinationen sind.
Demian war ein paar Tage ruhig, was auch daran liegt, das ich derzeit keine Stressfaktoren habe. Häufig melden sich die Stimmen ja dann. Also warten wir ab, bis der Stress im November losgeht (Arbeit…) und ob Demian und Eva sich dann wieder zurückmelden.

Barfuß

Hab ich schon mal erwähnt was ich an der Psychiatrie mag? Es sind die verschiedenen Menschen die man kennenlernt. Heute erst wieder…
Ich habe in der Pia auf meinen Termin gewartet. In den Warteraum kommt eine Frau in Trachtenkleidung. Sie setzt sich neben mich und fängt an zu erzählen. Wir unterhalten uns. Auf einmal kramt sie in ihrem Körbchen und holt einen Strauß Blumen hervor. „Für Sie! Sie schauen so traurig aus.“ Und reicht sie mir. Im gehen sagt sie: „Kennen Sie den besten Tipp gegen Traurigkeit? Barfuß über Tau laufen. Jeden Morgen am besten.“ Damit wandte sie sich ab und ging.


In der Therapie habe ich Locke von dem Mobbing erzählt. Es kam alles wieder hoch. Ich schluchzte und weinte und zitterte am ganzen Leib. Ansonsten redeten wir über stressige Situationen, die mich im Beruf erwarten.

Frontalangriff

Ich bekomme keine Ausbildung, keine Arbeit, kein „nichts“, wenn ich nicht in den Frontalangriff gehe.
Anschreiben, Lebenslauf, Zeugnisse – und los.
Nur so habe ich die Chance, mein Berufsleben zu verändern, mich neu zu orientieren und endlich eine feste Anstellung zu bekommen. Nur so werde ich ein Teil des großes Rades, das sich mit der Welt dreht. Nur so.
Das habe ich am Mittwoch bei meinem Termin auch mit Locke besprochen. Vor allem, was die nahe Zukunft angeht. Was meine Zweifel sind (das wichtigste: die Ängste) und was ich eigentlich machen möchte, aber aus Angst nicht wage.
Sie hat mir viel Mut gemacht. Meiner Intuition folgen – Frontalangriff – bewerben, weiter schauen. Nicht aufgeben.
So habe ich mich für den Bundesfreilwilligendienst beworben – und zwar da, wo ich wollte und nicht das, was andere zu mir sagten. Im Krankenhaus. Morgen habe ich direkt ein Vorstellungsgespräch im Krankenhaus Neustadt in Dresden.
Nach dem Jahr sieht der Plan wie folgt aus: Ausbildung. Wenn es mir im Krankenhaus gefällt als Krankenschwester. Danach kann ich immer noch studieren, aber erst einmal eine sichere Ausbildung haben. Die kann mir keiner nehmen.
Nach vorne schauen. Ausatmen. Weiter machen.

„Es geht so“

Ja, was soll ich sagen? Es geht so. Es könnte besser sein. Es könnte noch schlimmer sein. Es geht eben so. Ich kann meine Situation nicht ändern doch, ich könnte, aber ich schaff’s nicht, ich bin eben so, wie ich bin.
Ich bin ängstlich, schnell nervös, ich habe eben meine Probleme.
Die Tage vergehen. Der Tierarzt hat mich abgelehnt. Nun Bewerbung für ein BUFDI oder FSJ Jahr. Was soll man dazu sagen? Scheiße, das ich nicht angenommen wurde. Scheiße, das ich nichts passendes für mich finde. Scheiße, scheiße, scheiße.
Abe so ist es eben.
Heute Abend Selbsthilfegruppe zu genau diesem Thema. Beruf und Krankheit. Wird interessant, weil das eben genau mein Thema ist.

7 Pillen am Tag

Heute etwas aus einer anderen Ecke der Humanmedizin. Während ich in der Krisenintervention war, hat man festgestellt, das ich eine Hyperthyreose, auf deutsch Schilddrüsenüberfunktion habe. Also bin ich heute zum Arzt, um mit ihm darüber zu reden. Im hiesigen Einkaufscenter war ich bei einer recht jungen Ärztin, die sehr nett war. Sie hat mir zwei Medikamente, eins zum Hemmen der Hormone und eines gegen den Tremor in den Händen und gegen die Nervosität aufgeschrieben. Summa summarum sieben Pillen vier unterschiedlicher Medikamente am Tag. Irgendwie finde ich das faszinierend. Wie viele Pillen soll ich noch schlucken damit „irgendwas“ besser wird? Mal sehen, ob die Schiddrüsen-Medis anschlagen, meist wird die Therapie nach einem Jahr gestoppt. Falls es nicht besser wird, kann eine OP von Nöten sein.

Gedankenspirale

Ich bin zum allerersten Mal in meinem Leben ohne Beschäftigung und habe keine klare Idee von der Zukunft. Und das mit 19 Jahren. Ich habe noch keine Antwort von der Tierarztpraxis. Innerlich habe ich mich auf eine Absage eingestellt. Zuerst war ich recht optimistisch, aber mittlerweile zweifle ich sehr an mir. Ich habe mir schon ein paar Stellen für den Bundesfreiwilligendienst ausgesucht, sollte die Ausbildung nicht klappen. Aber die Frage ist – was mache ich danach? Ich habe so viele Interessen, ich mache sehr vieles gern. Aber alles hat so seine Schattenseiten: Tierarzthelfer – Berufsschule in Leipzig, lange Anfahrt, Grafikdesign – schlechte Chancen, soziale Berufe – Triggergefahr, nicht stabil genug… (und mal unter uns, wer will eine psychotische Krankenschwester/Heilerziehungspflegerin etc.?)
Wenn mir nur einmal etwas leicht fallen würde.
Derzeit ist es wieder schlimmer…die Ängste, die Geräusche, die Gedanken. Alles wild durcheinander und irrational. Ich muss aufpassen. Nicht, das es wieder von vorn los geht.