I – Woche 16 – Tagesklinik

Montags ist mit Abstand der schlimmste Tag der Woche. Denn es ist Visite, was bedeutet das ansonsten keine Therapien statt finden. Ich habe das große Glück die letzte zur Visite zu sein, womit ich den Tag bis zum 12 Uhr nur mit warten verbringen kann. Dennoch ist die Visite für mich wichtig – denn ich muss unbedingt meine Schlafstörungen abklären lassen. Bisher habe ich nur mit dem Psychologen darüber geredet und laut ihm soll ich tagsüber einfach mehr machen (als ob ich das nicht schon tun würde!). Weiterhin gibt es nichts wichtiges zu besprechen. Aber man hat ja angedeutet das die Medikamente umgestellt werden sollen, vielleicht könnte das mein Schlaf-Problem lösen. Einfach ein stärker sedierendes Medikament ansetzen. Aber so einfach wird es wohl nicht sein.
Die Visite ist durch und leider gibt es keine positiven Neuigkeiten. Den Arzt hat meine Schlafstörung nicht wirklich interessiert, ich soll meine Tabletten, das Olanzapin, einfach später einnehmen. Vielen Dank auch!
Morgen habe ich ein Einzelgespräch mit dem Psychologen. Ich weiß gar nicht, was aktuelle, wichtige Themen sein sollen. Mir fällt partout nichts ein. Denn verhaltenstherapeutisch lassen sich Schlafstörungen auch nicht zeitnah beheben.

II – Woche 15 – Tagesklinik

Mittlerweile ist die Tagesklinik zu meinem Alltag geworden. Jeden Morgen um 6:15 Uhr aufstehen, Zähne putzen, zur Bahn gehen – nur um rechtzeitig an den vielen Morgenrunden teilzunehmen, am Frühsport und am Singen, zur Ziele-Runde und zum schauen, welche Ziele die Woche erreicht wurden. Es fällt mir unheimlich schwer, mich jeden morgen dazu aufzuraffen, auch wirklich in die TK zu gehen. Aber es ist nicht das Einzige, was mir schwer fällt. Auch die Tatsache, dass ich derzeit effektiv vielleicht 2-4 Stunden schlafe tun ihr Übriges dazu…und derzeit habe ich noch keine Tipps, die mir das Ganze angenehmer gestalten. Wenn ich doch nur einmal wieder vernünftig schlafen könnte…
Das Einzelgespräch am Donnerstag Mittag lief überraschend gut. Wir haben zuerst über die schlimme Nacht vom Mittwoch geredet, in der ich ziemlich verzweifelt war. Leider kam ich bei der Telefonseelsorge nicht rein, weswegen ich eine E-Mail an die Hilfe von [U25] Dresden gesendet habe, die unter anderem Suizidprävention für unter 25jährige anbieten sowie generell Seelsorge. Leider kam noch eine gescheite Antwort aus dieser Richtung, mir wurde aber versprochen, dass noch eine folgen möge. In dem Gespräch wurde außerdem noch über mein Schlafverhalten, sowie Möglichkeiten für besseren Schlaf gegeben.
Derzeit bin ich wieder unter ziemlichen Stress. Auf Station scheint es einen Spitzel für die Ärzte und Psychologen zu geben und unintelligent, wie dieses System ist, trägt er auch noch denselben Namen wie ich. Das ist schon auffällig. Leider weiß ich nicht, wie ich damit umgehen soll. Vermutlich erstmal Abstand halten und dann sehen, was sich ergibt.
Heute habe ich von einer Mitpatientin eine CD und ein kleines Glücksarmband geschenkt bekommen. Das hat mich wahnsinnig gefreut. Auf der CD ist ein Mantra zur Entspannung drauf und das Armband hat nach uralten Traditionen Augen-Perlen, die auf mich Acht geben sollen…das ist so lieb. Habe mich richtig, richtig sehr darüber gefreut. Mit ihr habe ich dann noch lange persönlich geredet, vor allem über sensible Themen wie Eingliederung in den Alltag, Beziehungen und unser Status „in der Welt“. Ich habe mich richtig verstanden gefühlt – es tat gut mit ihr zu reden.

I – Woche 15 – Tagesklinik

Nachdem ich am Montag zeitiger die Tagesklinik verlassen habe (einen Dank an Magen-Darm-Erkrankungen) beginnt der Tag heute überraschend gut. Alle haben mich gefragt, ob es mir besser geht, haben sich um mich gesorgt und waren total nett. Das freut mich so unheimlich. Ich bin angekommen – und das mehr als gut. Außerdem haben sich in den Wartezeiten für die Therapien nette Gespräche ergeben.
Am Donnerstag habe ich mein erstes Gespräch nach der Aufnahme bei dem Psychologen der Station. Die Therapien sind ansonsten nicht großartig anders wie auf Station, außerdem gibt es wider Erwarten mehr Ruhezeiten und Pausen. Das hilft mir gut durch den Tag zu kommen. Dennoch schlaucht gerade der Sport ziemlich. Dadurch, dass ich derzeit wieder schlecht schlafe bin ich auch ziemlich kaputt und komme kaum aus dem Bett. Alpträume sind wieder an der Tagesordnung. Leider…ich habe wirklich Angst, dass derselbe Spaß, das psychotische erleben, wieder von vorne los geht. Denn so hat es einst angefangen.

III – Woche 14 – Tagesklinik

Nach dem Frühstück auf Station hieß es Sachen packen. Dann ging es in die erste Etage auf die Tagesklinik. Ich kannte die Räumlichkeiten durch meine Psychologin von der geschlossenen Psychiatrie und durch Vorab-Besuche, damit der Übergang einfacher wird. Am selben Tag hatte ich bei einem anderen Psychologen ein erneutes Aufnahmegespräch, bei dem ich meine Ziele für die Tagesklinik formulieren sollte. Außerdem fragte er mich über meine Halluzinationen aus, wie ich die Schatten sehe, was ich höre, wie das Blut aussieht, dass ich manchmal sehe. Danach hatte ich mein drittes EEG – aber zum ersten Mal mit Dreadlocks, was eine ganz schöne Herausforderung für die Neurologin war 😉
Auf der Tagesklinik ist immer ein Krankenpfleger und ein Arzt im Dienst. Außerdem kann man sich außerhalb der Zeiten auf den anderen Stationen melden, wenn etwas im Argen liegt.
Die Station umfasst ungefähr 20 Patienten. Alle sind sehr nett zu mir gewesen und haben mich begrüßt. Alle Anfänger-Fragen wurden mir beantwortet und Bahn fahre ich auch zusammen mit einigen anderen, die auch in Gorbitz wohnen.
Zusammen ist man weniger allein, heißt es. Und so ist es auch auf der Tagesklinik. Zwar gibt es ein wenig Grüppchen-Bildung, aber dennoch verstehen sich alle gut. Das Klima ist wirklich schön, entspannt und sehr, sehr freundlich. Das macht den Einstieg natürlich um einiges leichter.
Dafür ist der Tagesplan ziemlich straff und durch organisiert. Ich gerate schnell an meine Grenzen. Vor allem die langen Gesprächsrunden und der viele Sport machen mich ziemlich schnell kaputt. Abends falle ich ins Bett…aber daran werde ich mich schon noch gewöhnen.

II – Woche 14 – Psychiatrie

Heute ist mein letzter Tag auf Station B 84. Ein voller Rucksack und zwei Tüten an Mitbringseln, Anziehsachen und Freizeitgestaltern wie viele Bücher und mein Laptop finden heute ihren Weg nach Hause. Ich freue mich sehr, bin aber gleichzeitig verdammt aufgeregt. Nachdem ich heute in den Ausgang darf um meine Sachen nach hause zu bringen, werde ich ein letztes mal im Zimmer 4.12 in den Schlaf fallen.
Morgen nach dem Frühstück wollte mich meine Psychologin verabschieden.
Auch die Ergotherapeutin hat sich von mir persönlich verabschiedet…
Es ist herzerwärmend, wie viele sich darum scheren das ich gehe. Dabei bin ich doch nur einer von vielen Patienten. Aber irgendwo, irgendwann scheine ich doch Eindruck hinterlassen zu haben.

I – Woche 14 – Psychiatrie

Es beginnt meine letzte Woche im Krankenhaus Friedrichstadt.
Am Donnerstag ist es soweit – ich komme auf die Tagesklinik. Das bedeutet, dass ich morgens die Klinik aufsuche und dort bis Nachmittag bleibe und Therapien habe. Danach kann ich nach hause gehen und auch zu Hause schlafen. Ich bin sehr aufregt, denn die Belastung ist eine ganz andere und Ruhepausen sind kürzer, einen Rückzugsort habe ich nicht. Dafür kann ich eben einen normal strukturierten Tagesablauf ausprobieren und mich so auf die Ausbildung vorbereiten. Meine größte Sorge ist, dass ich zu erschöpft bin und meine Freizeit (die mir sehr fehlt) nicht gestalten kann. Denn ich habe große Pläne. Einerseits möchte ich im buddhistischen Zentrum zu geleitetem Meditationen gehen,  andererseits wieder aktiv Sport machen. Dafür habe ich mir ein Fitnessstudio mit vielen Kursen angeschaut. Vor allem Yoga und Pilates möchte ich wieder machen, denn das bietet Entspannung und sportliche Betätigung. Mal sehen wie das läuft! Ich werde davon berichten.

II – Woche 13 – Psychiatrie

Die Tagen gehen ineinander über, fließend, als könnte mich die Zeit einem Wasserfall gleich davon tragen.
Die Abende auf Station sind die schlimmsten. Wenn die Besuchszeiten vorbei sind stehe ich allein da. Dann drängen sich die quälenden Gedanken auf, die Sorgen und Probleme. Oft mals steigere ich mich da so hinein, dass ich Prothazin als Bedarfsmedi nehme. Ich weiß das das keine Lösung für immer ist, aber es hilft mir den Bezug zur Realität nicht ganz zu verlieren. Denn das fällt mir in meinem Grübelzwang sehr schwer. Meine Gedanken sind dann häufig in einer weit entfernten Zukunft und ich mache mir Sorgen über alle vorstellbaren Probleme – schweife ab, verliere den rationalen Blick auf die Geschehnisse und kann diese Flut an Gedanken nicht stoppen. Ich weiß dann längst nicht mehr, in welchem Hier und Jetzt ich mich befinde.

III – Woche 12 – Psychiatrie

Trotz dessen das viele Ärzte fehlten, wurde heute eine Visite gemacht.
Mir geht es heute gar nicht gut. Gestern hatte ich mich wieder verletzt, es musste versorgt werden. Immer noch bin ich ängstlich und nervös, sehr unruhig und durcheinander. In der Visite wurde mir klipp und klar gesagt das ich wegen Hospitalisierung so bald wie möglich entlassen werden soll. Einerseits verstehe ich das schon, andererseits sind die Ängste darüber sehr groß. In zwei Wochen ungefähr soll es deswegen auf die Tagesklinik gehen.
In der Ergotherapie webe ich ein rundes Sitzkissen. Es soll mir, wenn es fertig ist, als Grundlage zum meditieren und Yoga dienen. Weben ist sehr beruhigend, dennoch fordernd. Ich mag es, die unterschiedlichen Wollfäden zu spüren, ihre Eigenarten während des Webens zu erkunden und Stück für Stück, Reihe für Reihe weiter zu kommen.

II – Woche 12 – Psychiatrie

Diese Woche begann für die Station sehr schlecht. Alle drei Ärzte der Station sind krank, eine Vertretung ist für die anderen offenen Stationen ebenso im Dienst sodass es für die Dienstärzte jetzt Stress pur gibt. Morgen wird die Visite ausgesetzt, sie soll am Freitag stattfinden. Dafür haben wir morgen die Wanderung, die sonst immer freitags ist.
Im Handwerk bin ich mit einem größeren Korb fertig geworden. Nun widme ich mich erstmalig dem weben. Vor allem der Anfang des Webens ist sehr kompliziert…ich hoffe das mir der Webrahmen diese Fehler verzeiht und ich dennoch ein schönes Stück heraus bekomme.
Die Neuroleptika dämpfen meine Gefühle und Emotionen sehr stark, finde ich. Es gibt kein Hoch und kein Tief, nur eine unangenehme „Mitte“, in der mir alles egal ist. Auf die Frage wie es mir geht antworte ich meist mit „Geht so.“ Denn es ist schwer zu beschreiben wie sich dieser Zustand anfühlt.
Morgen habe ich meinen zweiten Termin bei der Psychologin. Sie achtet sehr auf mich und macht lieber zwei kurze Gespräche als ein langes. Denn ich bin immer noch schnell ermüdet und kaputt.
Heute war ich mit meinem Mitpatienten Jens (Achtung, nicht der Freund Jens) zum heilsamen singen im sogenannten Raum der Stille. In ihm finden normalerweise Gottesdienste statt, aber eben auch diese Singgruppe. Kanons, Mantras und aufmunternde Lieder wie „Ich danke dem Leben“ wurden gesungen, nicht mit dem Hintergrund choral perfekt zu sein sondern Emotionen zu spüren, Kraft zu schöpfen und Energien zu bündeln. Mir waren manche Körperübungen etwas unangenehm, aber ich werde sicherlich wieder einmal daran teilnehmen. Denn singen in der Gemeinschaft tut einfach gut.

I – Woche 12 – Psychiatrie

Langsam neigt sich die Therapie im Krankenhaus Friedrichstadt Dresden dem Ende zu. Zwar gibt es noch keinen genauen Termin, aber früher oder später werde ich auf mich selbst gestellt sein und entlassen werden. Ich hoffe das geht nicht allzu schnell, denn „gut“ oder „gesund“ fühle ich mich noch lange nicht. Derzeit dominieren wieder die Ängste und Gedanken daran,  das andere mich auslachen und abstoßend finden könnten. Vor allem wenn ich im Straßenverkehr bin fällt mir dies schwer. Auch die Reizüberflutung, die ich außerhalb erlebe, ist furchtbar und kaum auszuhalten. Oft rede ich mit mir selbst, um mich zu beruhigen. Aber es ist schön, dass ich überhaupt in den Stadtausgang und damit nach hause kann.