[INFO] Wie komme ich an einen Therapieplatz?

Ich habe schon oft gehört, dass einige nicht wissen wie sie an einen Therapieplatz kommen, gerade wenn es ihnen akut schlecht geht. Ich gebe jedem von euch die ausdrückliche Erlaubnis diesen Post zu kopieren und damit anderen zu helfen!
Wie komme ich an einen Platz bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten?
Zu allererst empfiehlt es sich, eine Liste von psychologischen Psychotherapeuten in der Nähe/in der Stadt anzufertigen. Ihr könnt eure Krankenkasse danach fragen oder selbst bei Google suchen. Wenn ihr eine Auswahl habt, versucht die Psychotherapeuten ans Telefon zu bekommen. Meistens sind die Sprechzeiten von jeder vollen Stunde bis zum letzten Viertel –  daher sollte ein Anruf zwischen :45 und :00 Uhr der betreffenden Stunde sein. Da habt ihr die größten Chancen, den Psychotherapeuten ans Telefon zu bekommen. Oder ihr sprecht auf den Anrufbeantworter, dass ihr einen Platz auf der Warteliste möchtet und bittet um Rückruf.
Brauche ich eine Überweisung?
Nein. Früher war es so, dass man von seinem Hausarzt eine Überweisung zu einem psychologischen Psychotherapeuten brauchte. Das ist nicht mehr so. Ihr könnt einfach ohne Überweisung bei einem Therapeuten anrufen und einen Termin ausmachen.
Hilfe! Ich könnte erst in 6 Monaten (oder noch später) einen Termin bekommen!
Ruhe bewahren. Therapeuten sind oft überlastet und es gibt kaum freie Therapieplätze. Das heißt aber nicht, das ihr keine Hilfe bekommen könnt. Wenn euer Zustand akut sehr schlecht ist, ihr Selbstmordgedanken habt oder damit spielt, andere zu schaden, ruft sofort den Notdienst und lasst euch ins nächste Krankenhaus mit Psychiatrie einweisen.
Wenn ihr nicht akut gefährdet seid, aber einen Therapieplatz dringend benötigt, dann informiert euch über den Sozialpsychiatrischen Dienst eurer Stadt. Dieser ist für die psychosoziale und psychiatrische Versorgung der Stadt zuständig. Oft bekommt man dort sehr schnell einen Termin zur psychotherapeutischen Beratung (ggf. auch bei einem Psychiater oder Sozialpädagogen) und auch weiterführende Hilfen. Wenn ihr studiert empfiehlt sich auch die studentisch-psychologische Beratung.
Außerdem: einige Krankenkassen bieten an, dass eine Therapie bei einem privaten Psychotherapeuten begonnen werden kann, wenn kein Platz bei einem Kassen-Therapeuten zur Verfügung steht. Das sprecht ihr VOR dem Beginn der Therapie ab.
Entlastungen können auch Selbsthilfegruppen bieten, aber das ist nicht für jeden was.
Wann geht es los?
Wenn ihr einen Platz ergattern konntet und die Therapie los gehen kann, wird ein oder zwei Termine mit euch ausgemacht. Diese sind zum kennenlernen da, ihr könnt von euren derzeitigen Problemen berichten und was ihr euch von der Therapie wünscht. Die ersten 5 Sitzungen nennt man probatorische Sitzungen und sind zum gegenseitigen Kennenlernen gedacht. Erst danach wird der Psychotherapeut die Diagnose und einen Antrag auf Kostenübernahme bei der Krankenkasse stellen.
Kostet mich das was?
Außer den monatlichen Gebühren an die Krankenkasse, die entweder durch eine Familienversicherung, über euren Gehalt oder andere Bezüge (EU-Rente, ALG2, ALG1, etc.) gezahlt werden, bezahlt ihr bei einem anerkannten Psychotherapeuten oder Psychoanalytiker nichts. Es gibt auch heilpraktische Psychotherapeuten, die eine Homoöpathische Ausbildung besitzen, diese sind privat zu tragen.
Wie lange geht die Therapie?
Wenn die 5 probatorischen Sitzungen vorbei sind, der Psychotherapeut die Behandlung einwilligt und die Krankenkasse die Kosten übernimmt, kann es los gehen. Am Anfang werden zumeist 25 Sitzungen beantragt. Diese können auf 50 Sitzungen verlängert werden. Danach wird oft nicht weiter bewilligt. Wenn ihr allerdings die Therapieform ändert (es gibt kognitive Verhaltenstherapie und Tiefenpsychotherapie oder Psychoanalytik) werden euch erneut 25-50 Sitzungen genehmigt. Danach folgt oft eine „Zwangspause“ durch die Krankenkasse, in denen man 2 Jahre warten muss, bis eine Therapie wieder bewilligt wird. Aber oft lernt man in den 50 Sitzungen schon genug, damit man alleine wieder zu recht kommt 🙂
Für schwere und chronische Erkrankungen gibt es im übrigen in psychiatrischen Krankenhäusern die sogenannten PIAs: Psychiatrische Institutsambulanzen. Diese sind sehr nah an die Kliniken angebunden, haben aber keine Beschränkung der Laufzeit und sind oft multi-professionell (mehrere Berufsfelder). Um in eine PIA zu kommen, muss ein gesonderter Antrag gestellt und bewilligt werden.
Brauche ich einen Psychiater oder einen Psychotherapeuten?
Ein Psychiater ist ein ausgebildeter Arzt in der Fachrichtung Psychiatrie und Psychotherapie. Psychiater verschreiben Psychopharmaka, die die Therapie unterstützen. Manche Psychiater bieten Gesprächstherapie an, aber allgemein lässt sich sagen, dass Psychiater für die medikamentöse Behandlung sorgen. Ihr solltet nach einem Psychotherapeuten schauen: diese bieten kognitive Verhaltenstherapie und tiefenpsychologische Verfahren an.
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Eine Antwort auf „[INFO] Wie komme ich an einen Therapieplatz?“

  1. gern ergänzen: Wenn man ins Hausarztprogramm einsteigt und darüber ins Facharztprogramm kann man schneller/leichter an einen Termin kommen.

    Zum Abtelefonieren und wie anstrengend bis unmöglich das neben einem Beruf ist, habe ich (LongCOVID + wegen fehlender Besserung/Behandlung draufgesetzter depressiver Episode) in der Neuro-Psycho-Reha von einem anderen depressiv Betroffene aus der Gruppe gehört: Dann lass Dich krankschreiben!

    Überhaupt habe ich unter dieser ersten psychologischen Betreuung geraten bekommen, besser auf mich zu achten und mich deshalb lieber früher/rechtzeitiger krankschreiben zu lassen (beim letzten Mal, kam am nächsten Tag die E-Mail dass ich gekündigt werde. (Kunsttherapie: Ausgesägtes „Reset“ und Beruf bildlich an den Nagel gehängt, schon direkt nach der Reha

    Wütend macht mich (ADHS-Gerechtigkeitssinn) wenn Therapeuten Telefonzeiten angeben und dann nicht drangehen: Dann sollen sie lieber gar keine Zeiten angeben!

    Gesucht hatte ich (war Tipp von meinem Hausarzt) https://www.arztsuche-bw.de/ mir daraus mühsam (an einen Sonntag) eine Excel-Tabelle gebastelt, sortierbar nach den Telefonzeiten (für: Jetzt bin ich grad motiviert/fit genug: was ist heute wie spät? lass mal sortieren und paar abtelefonieren)

    Einfach mal 18 Monate am Stück krankgeschrieben zu sein, gönnte mir meine Krankenkasse nicht einfach so Diskussion: Behandlung – Welche Behandlung bei LongCOVID? Gibt es ja noch nichts, aber gegen die comorbide Depression und das bus dahin noch unduagnistizierte ADHS. Wut spornt mich an: Denen beweise ich meinen Einsatz: E-Mail-Adressen rausgesucht, insgesamt 99 angeschrieben, was ich so habe und Glück gehabt: 1 Rückruf und die Frau tut mir echt gut. (1 x pro Woche, danach ist Wochenende)

    Statt der vorgegebenen Anzahl Therapiestunden (KVT), kann ich laut ihr im Facharztprogramm praktisch endlos Stunden bekommen, nur irgend wann halt nicht mehr wöchentlich.

    Über dieselbe Webseite hatte ich auch meine Psychiaterin gefunden zwar eigentlich auf der Suche nach Verhaltenstherapie aber ausdrücklich auch nach ADHS, statt Therapie gab es erst mal Antidepressiva und die ADHS-Diagnose erst 5 Monate später, nach nochmaliger Erinnerung (direkt nach meinem 2. Selbsthilfegruppen-Treffen, in dem ich hörte, wie schwierig der Diagnose-Erhalt sein kann und was manche dafür an Geld ausgeben…)

    Von Heilpraktikern, Psychotherapien dort (aufgrund veralteter Gesetze mit nur minimalen Grundvoraussetzungen (Ausbildung wäre da übertrieben) wenig vertrauenswürdig/vertrauenserweckend
    und Coaches (kein geschützter Begriff = jeder kann ohne Ausbildung „coachen“, was er mag/meint zu können) 🤢🤮🤬 Hände weg würde ich da dringend raten. Allein mit „positiv Denken“ Propaganda, Globuli Scharlatanerie, fragwürdigen gerade gehypten vermeintlich „gesunden“ Nahrungsergänzungsmittekn, esoterische Manifestationen, Bestellungen ans Universum etc. heilt man keine Depression etc.

    Oder wie eine Med-Tel-Beraterin meiner Krankenkasse den Ergotherapeuten ihrer ADHS-Tochter zitierte:
    „Das Medikament knipst das Licht an, due Therapie räumt auf.“

    Oder wie „Steffis Mutmacher“, der Büttenredner Willi…, der mit dem Psychotherapeut und Autor von „Irre, wir behandeln die Falschen“ (sinngemäß) sagte:
    „Damit Phoenix aus der Asche steigen kann, braucht er ZWEI Flügel: Medikamente und Therapie“.“

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