Herr Doktor, Herr Doktor!

Nachdem ich gestern Abend Günther Jauch – Das lange Warten auf den Arzttermin angesehen habe, geht mir das Thema nicht mehr aus dem Kopf. Schließlich bin ich auch chronischer Arztbesucher, habe leider schon oft die Erfahrung machen müssen, dass man nur mit Vitamin B einen Facharzttermin bekommt und sehe mich immer wieder mit langen Wartezeiten konfrontiert. Dies hat vorerst für mich ein Ende -schließlich sorgt man sich in der Psychiatrischen Institusambulanz medizinisch um mich- aber für viele psychisch Kranke ist dieses Thema noch immer ein Problem.
Wenn sich depressive Symptome verschlimmern, die Panikattacken häufiger kommen oder erstmals Stimmen auftauchen ist guter Rat teuer. Häufig verweisen Freunde, Bekannte und natürlich der Hausarzt an Spezialisten, in diesem Fall an Fachärzte für Psychiatrie und Psychotherapie. Das es eine Ärzteflucht vom Land gibt, ist bekannt. Das die Ärzte im allgemeinen immer älter werden und viele Studenten der Medizin ihr Studium abbrechen, ebenso. Doch auch der Fachärztemangel macht sich mittlerweile in unseren Reihen breit. Vor allem im psychiatrischen Bereich ist dies fatal. Schließlich gehören Symptome wie Suizidalität oder Selbstverletzung zu vielen unterschiedlichen behandlungsbedürftigen Störungen. Und sie können dafür sorgen, dass der Termin, auf den man Monate wartet, niemals wahrgenommen wird…
Man darf schlichtweg nicht unterschätzen, dass auch psychiatrische Erkrankungen lebensgefährlich sein können. Ob Kardiologe, Orthopäde oder Neurologe – es leuchtet ein, dass ein zu langes Warten zu letalen Ausgängen von scheinbar harmlosen Symptomen führen kann. Bei psychischen Erkrankungen sieht es hingegen anders aus. Einige Fakten – Im Jahr 2010 starben 7.000 Menschen mit Depressionen wegen Selbsttötung. 15% der Magersüchtigen sterben. Ebenso sterben 10-15% der Schizophrenen durch Suizid.
Auch ich musste, als ich nach Dresden gegangen bin, zu vier verschiedenen Ärzten in der näheren und weiteren Umgebung. Alle nahmen keine neuen Patienten auf, bis ich einen Arzt fand, der seine Praxis erst neu eröffnet hatte und demnach noch freie Kapazitäten besaß. Hätte ich auf einen Termin beim Facharzt warten müssen, weiß ich nicht, was noch passiert wäre. Wahrscheinlich hätte ich mich noch mehr in die Psychose hineingesteigert und wäre noch weiter aus der Realität geflohen. Und ich bin in diesem Punkt kein Einzelfall. Auch das Warten auf einen Therapieplatz beim psychologischen Psychotherapeuten zieht sich über Monate hin, nicht selten sogar ein halbes bis ein ganzes Jahr. Damit habe ich leider auch Erfahrungen, bisher hatte ich aber immer das Glück als „komplizierter“ Fall gehandhabt zu werden, weswegen ich ja letztendlich in der PIA gelandet bin.
Quellen
1) Ärztemangel, ArztWiki
2) Tödliche Magersucht, ntv
3) Allianz Deutschland AG (Hrsg.): „Depression – Wie die Krankheit unsere Seele belastet“, München 2011
4) Gesundheitsgesetze, t-online
5) Kabinett beschließt GKV-VSG, BMG

3 Antworten auf „Herr Doktor, Herr Doktor!“

  1. Ich bin im therapeutischen Bereich tätig und kann dieses Phänomen nur bestätigen. Als Therapeut in einer ländlichen Gegend habe ich auch einen randvollen Terminkalender, mehr Patienten kann ich einfach nicht mehr aufnehmen. Einerseits will man sich als Therapeut/Arzt selbst nicht in ein Burn-out bugsieren, andererseits braucht man auch gewisse Zeit für den Patienten, um eine hohe medizinische Qualität abzuliefern. Wenn man aber im Gegensatz dazu vergleicht, wie intensiv ich mich um eine freie Arbeitsstelle bemühen musste, kann man hier nur den Kopf über das System schütteln…

    1. Hallo Maximilian,
      laut einem Bericht über die psychiatrische Versorgung von Dresden, ist diese Stadt „überversorgt“ mit Psychiatern. Traurig, dass die Versorgung so weit runter geschraubt wurde, dass dieser Mangel noch als Überversorgung tituliert wird.
      Ich kann mir vorstellen, wie stressig ein Beruf in diesem Bereich ist. Man möchte sicherlich auch helfen, kann es aber schlichtweg nicht. Das muss zermürbend sein…
      Liebe Grüße!

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